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Während des Wahlkampfes haben sie Äpfel verteilt um am Ende in der Regierung mitzumischen. Jetzt hat es für die Grünen nicht mal zum Hilfskoch gereicht.

© dpa

Grüne in Berlin: Nicht mal Hilfskoch

Die Grünen haben ein Problem mit der Augenhöhe. Was haben die Grünen erwartet als Partei mit mehr als zehn Prozentpunkten weniger als die SPD? Sie sind an mangelnder Selbsteinschätzung gescheitert.

Von Sabine Beikler

Die SPD ist schuld. Auf diesen Satz kann man die Erklärung der Grünen eindampfen, warum es mit Rot-Grün in Berlin mal wieder nicht geklappt hat. Auch der sozialdemokratische Ober-Bösewicht ist ausgemacht: Klaus Wowereit habe Rot-Grün nicht gewollt. Wowereit sei jetzt eben an einem „selbstbewussten Koalitionspartner“ gescheitert, sagt Parteichef Cem Özdemir. So einfach ist das also. Selbstkritik – Fehlanzeige. Dabei haben die Grünen jede Menge Fehler gemacht.

Punkt eins: die frühere Spitzenkandidatin Renate Künast. Sie hat nicht ansatzweise ihr Wahlziel erreicht, Wowereit aus dem Roten Rathaus zu jagen. Die Inhalte waren zu schwammig. Der Wahlkampfslogan „Da müssen wir ran“ ersetzte keine Lösungsvorschläge. Künast wurde mit der Stadt nicht warm und Berlin nicht mit ihr.

Punkt zwei: Nachdem klar war, dass sie nicht Regierende würde, trommelte sie für Rot-Grün mit Wowereit. Und ohne Not machte eben mal drei Tage vor der Wahl ihr Vertrauter Volker Ratzmann den Verzicht der A 100 zur Conditio sine qua non für Rot-Grün. Sehr viel mehr Wählerstimmen brachte es den Grünen nicht. Einen dritten Platz hinter der CDU und mit 17,6 statt 13,1 Prozent vor fünf Jahren ihr bisher bestes Ergebnis in Berlin. Mehr auch nicht.

Punkt drei: die Sondierungen. Das Grünen-Team, das auch im Wahlkampf auf Rückkopplungen mit Fachpolitikern verzichtete, wollte keine verhandlungserfahrenen Politiker einbinden. Stattdessen saßen Künast, Ratzmann, Co-Fraktionschefin Pop und ein unerfahrener Landesvorstand der SPD-Entourage mit Wowereit, Parteichef Müller & Co. gegenüber. Ein politisches Gegengewicht war das nicht.

Punkt vier: Es war bei den Grünen viel die Rede von Glaubwürdigkeit. Wollten sie aber wirklich mit der SPD regieren? Sie muskelten sich auf, dann rüsteten sie verbal wieder ab. Ein berechenbarer Partner für die SPD waren sie aber nicht. Die diversen Interpretationsversuche über die Kompromisse zur A 100 und die letztendliche Forderung, den ersten 3,2 Kilometer langen Bauabschnitt auf einen 900-Meter-Stummel zu reduzieren, brachten bei der SPD zu Recht das Fass zum Überlaufen.

Renate Künast sagt, Wowereit habe „Kapitulationsverhandlungen“ und keine „Koalitionsverhandlungen“ geführt. Dazu gehören immer zwei. Wer wirklich Regierungsverantwortung übernehmen will, muss Souveränität ausstrahlen und sich nicht quengelig darüber beklagen, dass Wowereit offenbar kein einziges Mal in den Gesprächen ein Bekenntnis zu Rot-Grün geäußert hat. Recht hat er. Das sagt man nach erfolgreichen Verhandlungen.

Punkt fünf: Die Grünen haben ein Problem mit der Augenhöhe. Die SPD habe so nicht mit ihnen agiert. Ja, Wowereit ist ein Machtpolitiker. Was haben die Grünen erwartet als Partei mit mehr als zehn Prozentpunkten weniger als die SPD? Ratzmann sagte, die Zeit von Koch und Kellner mit den Grünen sei vorbei. Aber zum Hilfskoch hat es auch nicht gereicht. So viel zum Thema Selbsteinschätzung.

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