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Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

© Foto: Imago/Christian Spicker

Nun ist der Föderalismus ausgebrochen: Das Länder-Ende der Isolationspflicht als Quittung für Lauterbach

Viele Landesgesundheitsminister finden ausgerechnet bei Corona keinen Draht mehr zu Lauterbach. Das Ergebnis ist ein Experiment mit offenem Ausgang.

Ein Kommentar von Thomas Trappe

Eine Herbstwelle: Nachdem Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein ankündigten, die Isolationspflicht für positiv auf das Coronavirus Getestete aufheben wollen, dauerte es nicht lange, bis auch Thüringen, Sachsen und Rheinland-Pfalz und Berlin bekanntgaben, in eine ähnliche Richtung zu denken. Allein in den genannten Ländern lebt mehr als die Hälfte der Bundesbürger.

Absehbar dürften weitere hinzukommen, die sich von der Isolationspflicht verabschieden. Faktisch wäre das bundesweit das Ende einer durchsetzbaren Isolationspflicht. Die Bereitschaft der Menschen, sich an Regeln zu halten, die im größeren Teil der Republik nicht gelten, sollte man nicht überschätzen.

Mehr noch: Fällt die Isolationspflicht, braucht man über eine Maskenpflicht in Innenräumen kaum noch zu sprechen, auch die Maske im ÖPNV dürfte bald in immer mehr Ländern in die Kategorie Eigenverantwortung fallen. Es ist ein Experiment mit offenem Ausgang, eines allerdings, das schon in anderen Ländern nicht zur Katastrophe geführt hat.

Gleichzeitig dürfte sich die Situation in vielen Betrieben und der vielbeschworenen kritischen Infrastruktur erst einmal entspannen. Infizierte Angestellte im medizinischen Bereich unterliegen weiterhin Sonderregelungen.

Mahner von Amts wegen? Karl Lauterbach.
Mahner von Amts wegen? Karl Lauterbach.

© Foto: IMAGO/Metodi Popow

Für Karl Lauterbach – der selbst im April das Ende der Isolationspflicht verkündete, um es dann in einer Talkshow zurücknehmen – ist der Vorstoß eine politische Quittung. Viele in den Ländern und der Ampelkoalition ebenso sind genervt, dass Lauterbach sich eingerichtet zu haben scheint in der Rolle des Corona-Mahners.

Ein Mahner, der mit medialer Lautstärke vor Corona warnt und dabei mitunter auf halbgare Studien zurückgreift; der einen Ferieneffekt bei den Inzidenzen beschwört, wenn die Herbstferien vielerorts noch gar nicht oder gerade erst begonnen haben; der immer noch kein Instrument auf den Weg gebracht hat, das zeigt, wie viele Menschen in Deutschland nun an und wie viele mit Corona sterben.

All das und viel mehr sorgt dafür, dass viele Landesgesundheitsminister nun ausgerechnet bei Corona keinen Draht mehr zum Corona-Minister finden.

Man meint, Lauterbach habe vergessen, was schon immer das größte Handicap der Bundesebene bei der Coronapolitik war: dass fast alle Entscheidungen auf Landesebene getroffen werden und zur Durchsetzung einer eigenen Linie eine kooperativen Grundstimmung unabdingbar ist.

Zuletzt war unter den Landesgesundheitsministern davon nicht mehr viel zu hören. Lauterbachs Ärger ist nun deutlich vernehmbar, viel ändern wird er nicht mehr. In der Pandemiepolitik dürfte mit der gestrigen Entscheidung endgültig der Föderalismus ausgebrochen sein.

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