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Euro-Krise: Papandreou - im Namen des Volkes

Das Vertrauen, um das Griechenlands Premier Papandreou am Freitag im Parlament werben will, hat er längst verspielt, nicht nur dort. Mehr Demokratie wollte er wagen - und ist dabei selbst zum Wagnis geworden.

Einsam. Das ist das Gegenteil von dem, was sich Giorgos Papandreou gewünscht hatte zu sein. Nicht nur sein Kabinett, nicht nur das Parlament, sein gesamtes Volk hatte der griechische Ministerpräsident hinter sich versammeln wollen. Geeint sollte es für die Bedingungen der Euro-Hilfen und gegen den Bankrott des Landes stimmen. Mehr Demokratie wagen!

Nun ist Papandreou selbst zum Wagnis geworden. Allein. Das hat er sich selbst zuzuschreiben, auch wegen seines Auftretens bei den europäischen Partnern.

„Ich garantiere, dass Griechenland all seine Zusagen erfüllen wird“, versichert er Ende September in einer Rede vor den Spitzen der deutschen Industrie. Anfang Oktober muss Athen mitteilen, dass es die vereinbarten Sparziele nicht einhalten kann. Die Staatseinnahmen sinken, die Wirtschaft schrumpft stärker als befürchtet. Die Griechen brauchen mehr frisches Geld.

Die Euro-Staaten legen sich krumm, um die klammen Hellenen zu stützen – selbstverständlich nicht aus lauter Nächstenliebe, sondern um weitere Krisenstaaten und somit ihre gemeinsame Währung zu schützen. Dennoch: Die politische und finanzielle Energie, die sie aufbringen, ist enorm. Zwei Gipfel binnen einer Woche sind nötig, um weitere 100 Milliarden Euro Hilfe und einen 50-prozentigen Schuldenerlass durch die Banken zu erwirken. Geknüpft sind diese freilich an neue Zugeständnisse und Sparanstrengungen der Griechen.

Papandreou spürt, dass der Rückhalt für seine Politik schwindet – im Parlament, selbst in der eigenen Regierung – und trifft eine Entscheidung. Das Volk soll darüber abstimmen, ob es weitere Entbehrungen ertragen will, um den Staatsbankrott abzuwenden. In einer Demokratie ein völlig legitimes Mittel, für dessen Einsatz Papandreou durchaus auch positives Echo der internationalen Medien bekommt.

Bei den europäischen Staats- und Regierungschefs herrscht hingegen blankes Entsetzen. Papandreou hat nämlich versäumt, sie vorher über seinen Plan zu informieren. Als Premier eines souveränen Staates muss er das nicht. Besonders vertrauensbildend ist sein Schweigen gegenüber den Rettern allerdings nicht, zumal er auch sein Kabinett über seine Entscheidung im Dunkeln ließ, wie die Reaktionen zeigen.

Spätestens als am Donnerstag durchsickert, Papandreou werde das Referendum zurückziehen, hat er auch den letzten Verbündeten verloren: das Volk. Er laviert weiter. Eine „Expertenregierung“ soll her. Experten ruft man bekanntlich immer dann, wenn man selbst nicht mehr weiter weiß. Aber deshalb zurücktreten? Nein. Dann vielleicht eine Regierung der nationalen Einheit. Doch die konservative Opposition ist dazu nur unter einer Bedingung bereit: vorheriger Rücktritt Papandreous. Also, auch keine Option.

Nun kämpft Papandreou nicht mehr für sein Volk, nicht mehr um das Überleben Griechenlands. Im Gegenteil: Er verwirrt Europa und verunsichert die Welt, er trägt Mitschuld am Ausmaß der Euro-Krise und gefährdet die Zukunft der Gemeinschaftswährung. Er klebe nicht an seinem Stuhl, sagt der Regierungschef dennoch im Parlament. Hätte er mal auf sich selbst gehört: Mehr Demokratie wagen.

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