zum Hauptinhalt
Der Sozialminister Hubertus Heil (SPD, rechts) muss ums Geld auch kämpfen. Das Finanzministerium von Christian Lindner (FDP) hat schlicht nicht für alles Geld.

© Reuters/Christian Mang

Political Animal: Geldsorgen sind große Sorgen

Die Ampel-Koalition streitet über den Haushalt? Recht so. Denn haushalterische Solidität sichert Spielraum im Kampf gegen die Krisen.

Eine Kolumne von Stephan-Andreas Casdorff

Der Ukraine-Krieg - in seinen Auswirkungen noch nicht im Alltag der Menschen auch hier angekommen? Weit gefehlt. Die Preise insbesondere für Energie und Lebensmittel sind erheblich höher als noch vor einem Jahr. Sie gemahnen uns: Wir müssen hier haushalten, auch um im Kampf gegen die Krisen immer noch reaktionsfähig zu sein.

Gerade deshalb fordert es von der Bundesregierung, mit diesem Punkt sorgsam umzugehen: Geldsorgen sind große Sorgen. Die Lebenshaltungskosten und die Inflation sind jedenfalls Sorge Nummer eins für die Mehrheit der Bevölkerung. Auch viele junge Menschen kommen wegen Schulden in Bedrängnis. Die Arbeit in Schuldnerberatungsstellen nimmt zu. Familien geraten in Not. Sozialverbände sind alarmiert.

Die Diakonie Deutschland zum Beispiel appelliert vor diesem Hintergrund an die Bundesregierung, die anvisierte Kindergrundsicherung zügig auf den Weg zu bringen. Nach drei Jahren Pandemie und einem Jahr Ukraine-Krieg sei es nun immens wichtig, Familien und Kinder zielsicher zu entlasten. Koalitionsstreitigkeiten dürften nicht auf dem Rücken von Armut betroffener Kinder ausgetragen werden. Ja, Armut ist hier ein Thema. Die Kindergrundsicherung aber kostet einen zweistelligen Milliardenbetrag. Da ist der Eindruck von Streitigkeiten vielleicht nicht ganz korrekt; eher geht es um eine interne Debatte, was die Koalition jetzt vorrangig leisten soll und kann.

Es gibt gute Gründe für die Kindergrundsicherung. Familien, in denen Eltern durch Erwerbsarbeit nicht genug für alle Familienmitglieder erwirtschaften können, profitieren, wenn alle Leistungen gebündelt werden. Der Kinderzuschlag läuft bisher an zwei Dritteln der Anspruchsberechtigten vorbei. Wie sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie: „Ganz einfach: Wer zu wenig hat, bekommt problemlos und direkt, was nötig ist.“

Es gibt da einen größeren Zusammenhang

Aber ganz problemlos wird es eben nicht, wenn dieses Beispiel in den größeren Zusammenhang der Aufstellung des Bundeshaushalts gestellt wird. Für den gilt nämlich unverändert die Schuldenbremse, verankert in der Verfassung. Sie zwingt dazu, das Vorrangige immer wieder neu zu definieren. Vorrangig sind nach jetzigem Stand die Themen Sicherheit und Klima.

Sozialpolitik muss daher um einen Platz oben auf der Tagesordnung kämpfen. So berechtigt viele Anliegen sind - die Koalitionäre müssen sie besprechen, offen, notfalls streitig. Der Abwägungsprozess war lange nicht so schwierig. Man denke nur die enormen Investitionen, um Klimaneutralität in gut zwanzig Jahren zu erreichen. Oder die Milliarden Euro, die der neue Verteidigungsminister zusätzlich benötigt, um deutsche Zusagen in der Nato endlich einzuhalten.

Aus gutem Grund werden also Kontroversen öffentlich, etwa die, ob doch Steuererhöhungen nötig sein werden. Das meint SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert im Gegensatz zu FDP-Parteichef und Finanzminister Christian Lindner, der wiederum argumentiert, Deutschland sei schon ein „Höchststeuerland“. Zeitlich befristete und zielgerichtete Abgaben wären da etwas anderes; allerdings muss das dann auch erst einmal diskutiert werden. Summa summarum: Haushalterische Solidität gehört zur Grundausstattung im Kampf mit den Krisen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false