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Von rechts nach links. Die Franzosen scheinen die Wirtschaftspolitik des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Hollande zu schätzen. Seine Umfragewerte werden immer besser.

© dpa

Präsidentschaftswahl in Frankreich: Merkozy gegen Merlande

Ein sozialistischer Präsident in Frankreich könnte das europäische Krisenmanagement grundlegend verändern. Der französische Wahlkampf betrifft daher ganz Europa.

Von Anna Sauerbrey

Der französische Wahltermin rückt näher, und der Graben zwischen dem sozialistischen und dem konservativen Lager wird jeden Tag ein Stückchen tiefer gebuddelt. Der sozialistische Herausforderer François Hollande etwa hat eine Reichensteuer von 75 Prozent angekündigt. Amtsinhaber Nicolas Sarkozy reagierte mit der Drohung, das Schengen-Abkommen auszusetzen, sollte die EU die illegale Einwanderung nach Frankreich nicht stoppen.

Der deutsche Beobachter schaut mit Neid auf seine französischen Nachbarn: Ist doch toll, dass die da drüben noch eine echte Wahl haben, dass Linke und Rechte brav ihren Ur-Programmen folgen und nicht so verwirrend kreuz und quer durch das politische Spektrum den Arbeitsmarkt liberalisieren und die Bundeswehr abschaffen wie hierzulande. In den Neid mischt sich beim Blick über den Gartenzaun aber auch Sorge. Sorge darum, was der Ausgang der Wahl für Europa und Deutschland bedeuten könnte. Und weil sie sich sorgt, mischt Angela Merkel sich ein.

Konkret geht es um den Fiskalpakt. Hollande will das Abkommen, mit dem sich die Euro-Länder zu strengem Sparen und gegenseitiger Haushaltsaufsicht verpflichten, neu verhandeln. Ein Grauen für die Kanzlerin. In einem Interview forderte Hollande europäische Konjunkturprogramme für die Pleitestaaten im Süden. An solchen Programmen müsste Deutschland vermutlich den Löwenanteil tragen. Wer auch sonst?

Doch wird Hollande Präsident in Frankreich, könnte das Auswirkungen auch auf die grundsätzliche Ausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik haben. Bislang gibt Deutschlands Spardoktrin den Ton an, doch beginnen sich die Forderungen zu mehren, die Krise generell mit mehr Wachstum und durch eine Stärkung der Binnennachfrage zu bekämpfen. Der Graben zwischen Keynesianern und Austeritätspolitikern, zwischen einer „linken“ und einer „konservativen“ Wirtschaftspolitik könnte in Europa ausgehoben werden.

Der Wahlkampf in Frankreich und die Art und Weise, wie er in Deutschland verfolgt wird, zeigt, wie europäisch Europa bereits ist. Mit einem weiteren Zusammenwachsen der Union werden strategische Allianzen und paneuropäische Wahlkämpfe – zumindest, wenn gerade wichtige Entscheidungen auf der Agenda der EU stehen – zur Normalität werden. Dass Angela Merkel durch den transnationalen Boykott des französischen Sozialisten in den Wahlkampf im Nachbarland eingreift, verstößt daher lediglich gegen eine diplomatische Etikette, die sich den politischen Realitäten in Europa noch nicht angeglichen hat.

Der französische Wahlkampf zeigt aber auch den Mangel an einer europäischen Öffentlichkeit. Die Entscheidung, ob Europa durch Wachstum oder härteres Sparen gesunden will, ist letztlich eine, die die europäische Bevölkerung treffen müsste, weil sie einer möglichst breiten europäischen Basis bedarf. Denn die europäischen Steuerzahler werden es sein, die letztlich die Europapolitik eines Präsidenten Hollande finanzieren müssten.

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