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Griechenlandhilfe: Rettet die Politik!

SPD und Grüne sollten der Kanzlerin eine klare Erklärung abfordern, wie sie es mit den Finanzmärkten hält. Und sich selbst nicht den Konflikt mit dem Teil der Öffentlichkeit, der von ihr ein bedingungsloses Ja zur Griechenlandhilfe fordert.

Ein Ja wie ein Nein zur Griechenlandhilfe sei vorstellbar, sagt Sigmar Gabriel. Die SPD-Führung knüpft ihre Zustimmung an Bedingungen, und man kann nur hoffen, dass sie das ernst meint. Die Bundeskanzlerin hat sich dem Vorwurf ausgesetzt, wegen der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen die nötigen Entscheidungen hinausgezögert und damit teurer gemacht zu haben; in ihren eigenen Reihen ist ihr nicht jede Stimme sicher. Die Zustimmung der Oppositionsfraktionen muss ihr in dieser Lage einiges wert sein. Die SPD (und nicht anders die Grünen) haben also durchaus ein gewisses Druckpotenzial. In der Sache kann man wünschen, dass sie es im parlamentarischen Verfahren ausreizen.

Griechenland muss im deutschen und europäischen Eigeninteresse geholfen werden. Doch zum zweitenmal müssen die Steuerzahler haften, wo andere die Verantwortung tragen. Die politischen Beteuerungen nach der Bankenkrise von 2008 sind folgenlos geblieben, die unkontrollierten Finanzmarktakteure an die Leine zu legen und so Wiederholungen zu verhindern. Jetzt ist der Wiederholungsfall da, denn diese Akteure haben im Wissen um die griechischen Zahlungsschwierigkeiten dort weiterhin Kredite ausgegeben und zugleich an den Spekulationen gegen den Euro und ganze Mitgliedsstaaten verdient.

So steht es zutreffend im SPD-Beschluss vom Montag dieser Woche, und die Konsequenz muss endlich gezogen und durchgesetzt werden. Die Finanzwirtschaft muss wissen, dass die Politik entschlossen ist, ihr die nächste Wiederholung unmöglich zu machen. Das liegt nicht nur im deutschen und europäischen Eigeninteresse, sondern im Interesse der Demokratie, deren Grundlagen ausgehöhlt werden, wenn nicht gewählte Politiker, sondern unlegitimierte Banker und Finanzmanager die tatsächliche Macht ausüben.

Die SPD fordert das Verbot ökonomisch gefährlicher Finanzprodukte (die 2008 die Welt an den Abgrund geführt haben), eine europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik, die Einführung einer europäischen Finanzmarktsteuer auf alle Finanzprodukte. Nicht mehr und nicht weniger als das Gebot der Vernunft, um das Erpressungspotenzial der Finanzmärkte gegenüber den Staaten und den Steuerzahlern wirksam einzuschränken.

Die SPD und die Grünen sollten der Bundeskanzlerin eine klare Erklärung zu diesen Forderungen und den Konflikt mit der FDP nicht ersparen, die sich gegen die Finanzmarktsteuer sperrt. Und sich selbst nicht den Konflikt mit dem Teil der Öffentlichkeit, die von der SPD eine Geste in der Tradition überparteilichen Einvernehmens in der Europapolitik, also ein bedingungsloses Ja, verlangt. Das vitale Interesse Europa ist die Zurückgewinnung des Primats der Politik über einen Finanzkapitalismus, dem die Rücksicht auf das Allgemeinwohl nicht mit guten Worten, sondern nur mit klaren Regeln abverlangt werden kann.

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