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Meinung: Schwarz-grüne Premiere in Hamburg?

CDU gewinnt mit Beust, muss aber Verluste hinnehmen SPD legt mit Naumann leicht zu, für Rot-Grün reicht es dennoch nicht FDP scheitert – Linke zieht ins zehnte Landesparlament ein Große Koalition oder Schwarz-Grün könnten regieren

Hamburg steuert nach der Bürgerschaftswahl vom Sonntag möglicherweise auf die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene zu. Die CDU mit Bürgermeister Ole von Beust an der Spitze gewann die Wahl nach einer ZDF-Hochrechnung zwar mit 42,6 Prozent der Stimmen. Das genügt aber nicht zur Fortsetzung der seit 2004 bestehenden Alleinregierung. Die Union muss sich einen Koalitionspartner suchen. Das könnten die Grünen sein – schon im Wahlkampf war ein schwarz-grünes Bündnis ein Thema und wurde von beiden Seiten nicht ausgeschlossen. Die Grünen erreichten 9,6 Prozent, 2004 waren es noch 12,3 Prozent. Die CDU hatte vor vier Jahren 47,2 Prozent bekommen.

Die SPD kam mit ihrem Spitzenkandidaten Michael Naumann auf 34,0 Prozent und konnte damit gegenüber 2004 (30,5 Prozent) zulegen. Dennoch ist das Resultat vom Sonntag das zweitschlechteste Ergebnis in der einstigen SPD-Hochburg seit 1945. Die Linkspartei zieht mit 6,6 Prozent erstmals in die Bürgerschaft ein. Es ist nach Hessen und Niedersachsen schon der dritte Erfolg in diesem Jahr. Die Linken sitzen damit mittlerweile in zehn Landesparlamenten. Die FDP steigerte sich zwar von 2,8 Prozent bei der letzten Wahl auf nun 4,8 Prozent, verfehlte damit aber den Einzug in die Bürgerschaft. Neben Schwarz-Grün ist in Hamburg auch eine große Koalition möglich, rein rechnerisch auch eine rot-rot-grüne Koalition, doch lehnt Naumann ein Bündnis mit der Linkspartei strikt ab. Die Sitzverteilung im künftigen Stadtparlament: CDU 56, SPD 44, Grüne 13, Linke 8.

Beust sagte, er wolle jetzt schnell eine neue Regierung bilden und kündigte Gespräche mit Grünen und SPD an. Motto der Regierung müsse sein: „Erwirtschaften und dann verteilen.“ Beust ist seit 2001 Bürgermeister in Hamburg. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sprach sich für Schwarz- Grün aus: „Ich glaube, dass es Hamburg gut täte und auch der politischen Landschaft in Deutschland.“ Eine solche Koalition würde die politische Farbenlehre bereichern.

Zurückhaltender äußerten sich die Grünen. Deren Hamburger Spitzenkandidatin Christa Goetsch betonte die Differenzen zur CDU vor allem in der Umwelt- und Bildungspolitik. Parteichef Reinhard Bütikofer meinte, die Grünen hätten in Hamburg eine strategisch einflussreiche Position, die sie nutzen müssten. Partiechefin Claudia Roth sagte, es gehe jetzt um einen „Politikwechsel in Hamburg“, woran die Grünen teilhaben wollten.

Naumann zeigte sich zufrieden, hatte aber wohl mit einem besseren Ergebnis gerechnet. Er kritisierte die Debatte um eine mögliche Wahl der hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin mit Stimmen der Linkspartei. Darüber hatte SPD-Chef Kurt Beck Mitte der Woche spekuliert. Naumann sagt dem Tagesspiegel: „Am Montag im Vorstand werde ich mir meine Partei vornehmen. Ich denke, ich habe wegen der Diskussion zwei Prozent verloren.“ SPD-Generalsekretär Hubertus Heil räumte Fehler ein. „Wir haben letzte Woche eine Diskussion erlebt, die die Hamburger SPD im Wahlkampf belastet hat“, sagte er. Beck sagte, er bedauere es, sollte er einen Beitrag zu den „Irritationen“ geleitet haben. Er fügte aber hinzu, er sehe „keine Anzeichen dafür, dass in diesem Ergebnis ein merkbarer Effekt enthalten ist“.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte eine Strategiediskussion innerhalb der Sozialdemokratie über den Umgang mit der Linkspartei. Die Wahl in Hamburg habe wieder gezeigt, dass die Linke auch im Westen „keine vorübergehende Erscheinung“ sei. Linken-Geschäftsführer Dietmar Bartsch sagte: „Das Ergebnis macht uns stolz.“

Die Wahlbeteiligung sank gegenüber 2004 deutlich – von 68,7 auf etwa 63 Prozent. Zur Wahl aufgerufen waren 1,24 Millionen Bürger.

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