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Der Hamburger Hafen soll teilverkauft werden.

© Foto: Imago/Rupert Oberhäuser

Cosco will Teil des Hamburger Hafens kaufen: Olaf Scholz darf Chinas Erpressung nicht nachgeben

Chinas Cosco-Konzern möchte einen Anteil am Hamburger Hafen erwerben. Wirtschaftsminister Habeck lehnt das ab, die Landes-SPD will das dennoch. Es hängt am Kanzler. Ein Gastbeitrag.

Anfang September betonte Außenministerin Annalena Baerbock vor Wirtschaftsführern, gegenüber China könne man sich nicht noch einmal den Fehler der Russlandpolitik leisten, „nur nach dem „Business First“-Credo zu handeln, ohne dabei die langfristigen Risiken und Abhängigkeiten einzurechnen“.

Wie ernst es die Regierung damit meint, wird schon bald auf die Probe gestellt.

Bis spätestens Ende Oktober will sie entscheiden, ob sie der chinesischen Reederei Cosco erlaubt, 35 Prozent an einem Terminal im Hamburger Hafen zu erwerben.

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Häfen sind kritische Infrastruktur. Diese gibt man (auch nicht teilweise) unter Kontrolle einer zunehmend feindseligen autoritären Macht, die regelmäßig wirtschaftliche Abhängigkeiten zur politischen Erpressung nutzt und selbst ausländischen Firmen keine Beteiligung erlaubt.

Deshalb tendiert Wirtschaftsminister Habeck dazu, „dass wir das nicht erlauben“. Er wird dabei von allen relevanten Ministerien unterstützt, die ein Verbot der Beteiligung im Bundeskabinett zur Entscheidung bringen wollen. Sie haben einstimmig dem Kanzleramt eine klare Entschlussvorlage zur Untersagung der Transaktion geschickt.

Dies erzürnt die Hamburger SPD-Granden, die darauf setzen, dass der Bundeskanzler ein Votum für Cosco durchsetzt. Peter Tschentscher, Hamburgs Erster Bürgermeister, schoss scharf gegen Habeck: „Eine Ablehnung wäre eine schwere Belastung für den Wirtschaftsstandort und eine einseitige, wettbewerbsverzerrende Benachteiligung Hamburgs gegenüber Rotterdam und Antwerpen, in denen Cosco bereits Terminal-Anteile besitzt“.

Olaf Scholz sollte seiner alten politischen Heimat dennoch den Gefallen nicht tun, die Beteiligung durchzuwinken. Stattdessen sollte er Wirtschaftsminister Habeck damit beauftragen, mit Hamburg und dessen großen EU-Wettbewerbern eine Initiative für eine gemeinsame europäische Hafenstrategie voranzutreiben, die langfristig die europäische Wettbewerbsposition gegenüber Cosco verbessert.

Cosco ist eine Perle des chinesischen Staatskapitalismus

Der Wettbewerb, den Hamburgs Bürgermeister verteidigt, ist ein absurdes Theater. Europäische Häfen, allesamt in öffentlicher Hand, lassen sich auf dem Heimatmarkt und global von einem chinesischen Staatsunternehmen gegeneinander ausspielen.

Cosco ist eine Perle des chinesischen Staatskapitalismus und direktes Instrument des Parteistaats. Das höchst klug geführte Unternehmen strebt global durch eine Vielzahl von Beteiligungen und Integration von Daten- und Warenströmen eine marktbeherrschende Stellung an nutzt dabei die Skaleneffekte des abgeschirmten chinesischen Heimatmarkts aus. Es soll Profite machen und gleichzeitig Chinas globalen Ambitionen dienlich sein, wenn nötig auch als politisches Druckmittel.

In Europa hat sich Cosco schon in einer Vielzahl von Terminals eingekauft. Im griechischen Piräus hat es Cosco sogar geschafft, aus einer Minderheitsbeteiligung hinaus die komplette Kontrolle zu übernehmen und aus einem Hafen mit Randlage einen der umsatzstärksten Häfen zu formen.

Den Weg zur Übernahme durch Cosco ebnete der Austeritätsfetisch der Bundesregierung, die Griechenland in der Eurokrise dazu zwang, das Tafelsilber kritischer Infrastruktur zu verscherbeln. Der Hamburger Hafen hat sich unter Hafenchefin Angela Titzrath und Bürgermeister Tschentscher mit Verve Peking als „Ende der Seidenstraße“ angedient.

China droht mit Konsequenzen

Als Gegenleistung fordert Cosco eine Beteiligung. Das Staatsunternehmen hat Hamburg klar zu verstehen gegeben, dass die 30 Prozent des Umsatzes, die der Hafen mit China macht, auf dem Spiel stehen, wenn das grüne Licht nicht erteilt wird. Zudem hat die chinesische Regierung gegenüber Berlin signalisiert, dass eine Untersagung wirtschaftliche Konsequenzen hätte.

Das Beispiel Piräus zeigt: Es steht viel auf dem Spiel. China ist die weltweit führende Containermacht. Doch Erpressern gibt man nicht nach. Das wäre ein fatales Signal der Schwäche, das Peking immer wieder ausnutzen würde.

Es ist Zeit, den Spieß umzudrehen. Deutschland sollte mit den Niederlanden und Belgien, wo mit den Städten Rotterdam und Antwerpen die Eigentümer von Hamburgs größten Wettbewerbern sitzen, und anderen großen Häfen wie dem Binnenhafen Duisburg sowie Valencia oder Bilbao auf eine gemeinsame europäische Hafeninitiative drängen.

Diese sollte weiteren Beteiligungen Coscos einen Riegel vorschieben, gleichzeitig die Wettbewerbsbedingungen (etwa mit Blick auf Kabotageregeln und Reziprozität der Marktoffenheit) verbessern und dafür sorgen, dass die europäischen Häfen geeint gegenüber Cosco auftreten.

Hier muss auch ein Umdenken bei der Europäischen Kommission stattfinden, die einseitig auf innereuropäischen Wettbewerb pocht, ohne dabei den Herausforderungen des unfairen Wettbewerbs mit chinesischen Staatsunternehmen wie Cosco ausreichend Rechnung zu tragen.

Ein Verbot der Hamburger Beteiligung verbunden mit einer europäischen Hafeninitiative wäre ein Quantensprung für die Glaubwürdigkeit der deutschen Chinapolitik in Europa. Gleichzeitig würde der Kanzler vor seinem Antrittsbesuch bei Xi Jinping Anfang November ein selbstbewusstes Signal an Peking senden.

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