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Streiks bei Post und BVG: Mutwillig unwillig

Wie bereits bei der BVG bringt nun auch der Tarifkonflikt bei der Post ins öffentliche Bewusstsein, dass die Beschäftigten hier zwar nicht übermäßig gut bezahlt werden, aber doch mit einigen Privilegien ausgestattet sind.

Die Post streikt? Endlich mal eine gute Nachricht. Das einzige, das noch im Briefkasten landet, ist – außer den Zeitungen – doch absoluter Nervkram: Rechnungen, Mahnungen, unbestellte Kataloge, überflüssige Fernsehmagazine. Ab und zu schreibt auch der Polizeipräsident oder das Finanzamt, die können gerne noch etwas länger warten. Das Land wird deshalb nicht in die Knie gehen, ebenso wenig wie die Stadt Berlin, wenn demnächst die BVG-Beschäftigten wieder – statt mit Bus und Bahn zu fahren – Verdi-Plastikponchos durch die Straßen tragen. Die neue Lust am Streik trifft auf eine weitgehende allgemeine Gelassenheit. Es gibt Ausweichmöglichkeiten, andere Dienste, Konkurrenz, Flexibilität – und dennoch wenig Verständnis für die Arbeitskämpfe.

Wie bereits bei der BVG bringt nun auch der Tarifkonflikt bei der Post ins öffentliche Bewusstsein, dass die Beschäftigten hier zwar nicht übermäßig gut bezahlt werden, aber doch mit einigen Privilegien ausgestattet sind. Was die Post betrifft: Kündigungsschutz bis ins Jahr 2011, bei allen Unwägbarkeiten auf dem Markt, ist schon stark, das hätten andere auch ganz gerne. Und 5,5 Prozent mehr Lohn in den kommenden zwei Jahren ist nicht schlecht; nur weil einige Branchen auf 8,x Prozent im selben Zeitraum kommen, muss das nicht überall so sein. Ach ja, eine halbe Stunde länger sollen die Postler in der Woche arbeiten, insgesamt dann 39 Stunden, macht sechs Minuten mehr am Tag; das ist ja wohl zu schaffen. Doch was sagt die Gewerkschaft Verdi zu alledem? Die Post habe ein Angebot vorgelegt, das eine „mutwillige Provokation eines Arbeitskampfes“ darstelle.

Auch ein Arbeitskampf selbst kann eine mutwillige Provokation sein. Der Streik bei der BVG ist eine, der bei der Post scheint eine zu werden. Verdi sollte sich nicht darauf verlassen, dass die Lust am Streik bei ihren Mitgliedern wirklich so groß ist – und dass die Gelassenheit der Kunden nicht doch noch umschlägt.

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