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Wochenlang hatte die Erde gebebt. Nun ist der Vulkan ausgebrochen.

© AFP/ICELANDIC COAST GUARD

Update

Luftverschmutzung in Reykjavík befürchtet: Vulkan auf Island bricht nach wochenlangen Beben aus

Der Vulkanausbruch nahe der isländischen Hauptstadt Reykjavik könnte bis zu zehn Tage andauern. Die Situation ist aber eine andere als 2010 beim Eyjafjallajökull.

| Update:

Wegen des Vulkanausbruchs auf Island könnte Gasverschmutzung die Luft in der Hauptstadtregion des Landes beeinträchtigen. Das teilte das Meteorologische Institut Islands am Dienstag mit.

Das aus dem Vulkan bei Grindavík südwestlich von Reykjavík aufsteigende Gas könne im Laufe der Nacht zum Mittwoch Richtung Hauptstadt geweht werden. Unterdessen nahm die Kraft der Eruption weiter ab.

„Die Stärke der Eruption, die vor etwa vier Stunden begonnen hat, scheint nachzulassen“, schrieb das isländische Wetterinstitut (IMO) am Dienstagmorgen auf seiner Website.

Dass die Aktivität bereits abnehme, sei jedoch kein Hinweis auf die Dauer des Ausbruchs, sondern sei eher ein Zeichen dafür, dass sich die Eruption stabilisiere, hieß es weiter. Laut den Wetterexperten war eine ähnliche Entwicklung bereits zu Beginn vorheriger Ausbrüche beobachtet worden. 

Von einer abnehmenden Stärke sprach auch Geowissenschaftler Magnús Tumi Gudmundsson am Dienstagmorgen gegenüber dem isländischen Rundfunksender RÚV. Es fließe aber weiterhin eine beträchtliche Menge an Lava. Gudmundsson erklärte im Fernsehen, dass schon wenige Stunden nach Beginn der Eruption nördlich des Ortes Grindavík ungefähr doppelt so viel Lava ausgetreten sei wie beim bislang letzten Vulkanausbruch in Island im Sommer dieses Jahres. 

Mit einer Lage wie beim Ausbruch von Eyjafjallajökull im Jahr 2010 müssen wir nicht rechnen, denn die Situation ist eine ganz andere.

Thomas Walter ist Professor für Geophysik am Geoforschungszentrum in Potsdam.

Nach einer wochenlangen Erdbebenserie hatte es auf der Reykjanes-Halbinsel in Island am späten Montagabend einen vulkanischen Ausbruch gegeben. Die Eruption habe nördlich des Ortes Grindavík kurz nach 22.00 Uhr (Ortszeit) begonnen, warnte das Institut auf seiner Homepage in der Nacht zu Dienstag.

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Auf Filmen und Fotos auf der Plattform X waren orange-rot glühende Lavafontänen zu sehen, die in den dunklen Nachthimmel schossen und diesen hell erleuchteten. Die Polizei forderte Schaulustige auf, sich der Lava nicht zu nähern. Der Ort Grindavik war aus Sorge vor einem Ausbruch bereits im November geräumt worden. Für die Bevölkerung besteht demnach keine Gefahr.

Die Polizei warnte auf Facebook vor giftigen Gasen, die im Vulkangebiet austreten könnten. 

Menschen beobachten, wie der Nachthimmel nach dem Ausbruch des Vulkans erleuchtet wird.
Menschen beobachten, wie der Nachthimmel nach dem Ausbruch des Vulkans erleuchtet wird.

© PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS/Marco Di Marco

Der Spalt vergrößerte sich im Laufe der Nacht und wuchs bis zum frühen Morgen auf etwa vier Kilometer an, wie ein Vulkanologe sagte. Der Riss ist Experten zufolge um ein Vielfaches länger als bei den Ausbrüchen der vergangenen Jahre auf der Halbinsel Reykjanes. Auch der Lavastrom sei viel größer, etwa 100 bis 200 Kubikmeter Lava pro Sekunde strömten aus dem Spalt heraus. Der Zivilschutz rief die Notfallstufe aus.

Der Lavastrom führt 100 bis 200 Kubikmeter Lava pro Sekunde.
Der Lavastrom führt 100 bis 200 Kubikmeter Lava pro Sekunde.

© REUTERS/CIVIL PROTECTION OF ICELAND

Der Vulkanologe Ármann Höskuldsson sagte, der Riss erstrecke sich Richtung Grindavík. Glücklicherweise fließe keine Lava in Richtung der dortigen Kraftwerke. Gebäude seien derzeit nicht gefährdet, hieß es. Die Eruption könnte seiner Einschätzung nach eine Woche bis zehn Tage andauern, sagte Höskuldsson dem isländischem Rundfunksender RÚV.

Straßen in der Stadt Keflavik, im Hintergrund Rauchschwaden und Lava.
Straßen in der Stadt Keflavik, im Hintergrund Rauchschwaden und Lava.

© AFP/MARIA STEINUNN JOHANNESDOTTIR

Der Flugverkehr von und nach Island sei nicht beeinträchtigt, teilte die isländische Regierung mit. Der Flughafen Keflavík sei demnach weiterhin gut zu erreichen.

Andere Lage als beim Vulkanausbruch von 2010

Könnte es aber zu einer Situation wie im April 2010 kommen, als wegen der Aschewolke des Vulkanausbruchs des Eyjafjallajökull der europäische Luftraum gesperrt werden musste?

„Mit einer Lage wie beim Ausbruch von Eyjafjallajökull im Jahr 2010 müssen wir nicht rechnen, denn die Situation ist eine ganz andere“, sagt Thomas Walter, Vulkanologe am Geoforschungszentrum in Potsdam.

Für die Bildung von Aschewolken, die so nachhaltig den Flugverkehr beeinflussen können, brauche es mehr als das Zusammentreffen von Schmelzwasser und Magma. „Das Wasser müsste vom Magma eingeschlossen werden, und erst dann, wenn es explosionsartig verdampft, entstehen Aschewolken, die hoch in die Atmosphäre steigen können“, ordnet Walter ein.

Beim derzeitigen Ausbruch ströme nur Lava aus. „Man müsste hinschauen, wo es hinfließt: In Richtung Norden, wo viele Menschen leben oder in den Süden, in den schon betroffenen Ort Grindavík“, so der Vulkanologe.

Rund 4000 Menschen in Sicherheit gebracht

Islands Präsident Gudni Jóhannesson schrieb auf Facebook, es sei noch unklar, welchen Schaden der Ausbruch anrichten könnte. Er bat die Menschen vor Ort, „in diesem gefährlichen Moment“ allen Empfehlungen der Rettungsdienste zu folgen.

Der Bürgermeister von Grindavík, Fannar Jónasson, sagte dem Rundfunksender RÚV, dass es den evakuierten Einwohnern des Ortes den Umständen entsprechend gut gehe. Glücklicherweise seien die Krater, die Grindavík am nächsten gelegen sind, erloschen. Es bestehe im Moment also keine große Gefahr für den Ort, meinte Jónasson.

Dennoch seien viele Einwohner enttäuscht, dass sie Weihnachten nicht zu Hause feiern könnten. Außerdem hätten einige Familien aus Grindavík Schwierigkeiten, Unterkünfte zu finden, sagte der Bürgermeister. Islands Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir sagte in einem RÚV-Interview, die zuständigen Ministerien arbeiteten daran, die Wohnungsprobleme der Einwohner zu lösen.

Fließende Lava an einer Spalte auf der Halbinsel Reykjanes.
Fließende Lava an einer Spalte auf der Halbinsel Reykjanes.

© Kristinn Magnusson / AFP

Der Ausbruch war allerdings befürchtet worden - in den vergangenen Wochen hatten sich Hunderte Erdbeben ereignet. Das Fischerdorf Grindavík war deswegen im November geräumt worden. Rund 4000 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Zuletzt durften Einwohner von Grindavík ihre Häuser zwar tagsüber wieder betreten. Gänzlich zurückkehren durften sie demnach aber nicht.

Nach dem Ausbruch wurden alle Straßen rund um Grindavik gesperrt und werden dies Polizeiangaben zufolge auch in den kommenden Tagen bleiben. 

Die nur wenige Kilometer vom Ort entfernt liegende Touristenattraktion Blaue Lagune war nach einer vorübergehenden Schließung erst am Wochenende wieder eröffnet worden. Sie liegt nur rund 40 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Reykjavik. Zum Zeitpunkt der Eruption befand sich kein Gast dort, wie die wohl bekannteste Touristenattraktion auf der Insel mitteilte.

Der Lavastrom bahnt sich immer weiter seinen Weg. Zuletzt stabilisierte sich die Lage allerdings.
Der Lavastrom bahnt sich immer weiter seinen Weg. Zuletzt stabilisierte sich die Lage allerdings.

© Reuters/Civil Protection of Iceland

Für die Luftfahrt wurde vorübergehend die rote Warnstufe ausgerufen, diese wurde dann aber wieder auf Orange herabgestuft. Der Flughafenbetreiber Isavia erklärte auf seiner Website, derzeit gebe es bei Starts und Landungen am internationalen Hauptstadtflughafen Keflavik keinerlei Behinderungen. 

Schaulustige in der Nähe des Ausbruchsortes.
Schaulustige in der Nähe des Ausbruchsortes.

© REUTERS/Instagram @zwyzszejperspektywy

Gefährlich für Menschen sind nicht nur die Lavaströme, sondern auch Aschefall und freigesetzte Giftstoffe. Unter dem Ort auf der Reykjanes-Halbinsel, auf der es bereits drei Jahre in Folge zu Vulkanausbrüchen kam, verläuft ein rund 15 Kilometer langer Magma-Tunnel von Nordosten nach Südwesten ins Meer. Die jüngsten Eruptionen, zuletzt im Juli, trafen stets unbewohntes Gebiet.

Der jetzige Vulkanausbruch ist der vierte in Island innerhalb von zwei Jahren. Vulkanologen zufolge könnte der neue Zyklus von Ausbrüchen auf der Halbinsel Reykjanes Jahrzehnte andauern.

Das Land der Gletscher, Vulkane und Geysire liegt auf der Naht zwischen nordamerikanischer und eurasischer Platte. Deshalb kommt es auf der Insel mit insgesamt knapp 390.000 Einwohnern häufig zu seismischer Aktivität.

Vulkanausbrüche mit spektakulären Bildern locken auch immer wieder Schaulustige und Touristen an. In den vergangenen Jahren hatten Eruptionen in der Gegend laut Schätzungen der Tourismusbehörde des Landes knapp 680.000 Besucher angezogen. Insgesamt gibt es mehr als 30 aktive Vulkane auf der Nordatlantik-Insel. (dpa, AFP)

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