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Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der SPD, spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung in Magdeburg, Sachsen-Anhalt.

© Ronny Hartmann / AFP

Wahl in Sachsen-Anhalt: Wenn es so weitergeht, ist die SPD bald Geschichte

Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ist das Ergebnis der SPD einstellig. Warum die SPD ihr Profil als Partei fürs Soziale verliert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die satirische Zeile „SPD deutlich über 5 Prozent“, vor Jahren erschienen – allmählich wird sie wahr. Die große alte staatstragende Partei Deutschlands, wie man das Kürzel auch lesen könnte, verliert und verliert, bis hin zu einstelligen Ergebnissen. Wie jetzt auch in Sachsen-Anhalt. Die mehr als 40 Prozent unter Reinhard Höppner: Geschichte. Wie die SPD bald insgesamt Geschichte sein kann. Wenn es so weitergeht.

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In Frankreich, das nur mal so als warnender Hinweis, gibt es die Sozialdemokratie als Partei schon nicht mehr. François Hollande, Freund des vorletzten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, ist mit seiner Partei in der Versenkung verschwunden. Warum soll das in Deutschland nicht auch so kommen: Nur weil eine Partei anderthalb Jahrhunderte alt ist? Nein, gerade weil sie so alt ist und mit ihr nichts Neues verbunden wird.

In der sozialen Umweltfrage ist Armin Laschet plötzlich ein Arbeitnehmerpolitiker

Ja, die SPD nimmt für sich in Anspruch, die Partei der sozialen Gerechtigkeit zu sein. Aber es ist immer so papiern – also der riesige Etat für Arbeit und Sozialordnung, über alle die Jahrzehnte der größte Einzelposten im Bundeshaushalt, verwaltet von einem Sozialdemokraten. Was segensreich für die Gesellschaft, wird von der aber nur noch konsumiert, im Sinne von: das war immer so, das gehört sich so.

Heute wird soziale Politik aber zunehmend anders definiert, und zwar als sozial abgefederter Umbau, der wiederum zu neuem Wachstum führt. Wie beim Kohleausstieg zum Beispiel. Da wird dann die Union plötzlich zur Arbeitnehmerpartei, wird Armin Laschet über NRW hinaus zum Arbeiterführer.

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In der Folge kommt das dazu: das Versprechen, Möglichkeiten zum Aufstieg und zur Sicherung des Aufstieg zu schaffen. Das geht nicht mit der SPD heim; Wirtschaft und Arbeit werden, in dieser Kombination, nicht in erster Linie mit der SPD verbunden. Für sie gilt: Die SPD ist dann gut, wenn Geld da ist; das kann sie besser als andere ausgeben. Im Beschaffen ist sie nicht die erste Wahl.

Die SPD muss sich auf ihre Kernklientel besinnen

Und was nun, SPD? Erst einmal: demütiger werden. Ansprüche senken, nicht großsprecherisch daherkommen. Sich auf die Klientel und dessen Wünsche besinnen. Ein Beispiel gefällig? In der Bildungspolitik setzen die Sozialdemokraten auf Gymnasien und Gesamtschulen wie nichts sonst.

Weil sie einen Zug zum Akademischen entwickelt hat. Aber das, was die SPD groß gemacht hat, berufliche Bildung, wird – eher – wie ein Stiefkind behandelt. Dabei treffen sich hier alle, die der Partei wichtig sein sollten: Lehrer, die nicht nur Pädagogen sind; Schüler, denen die Aus- und Weiterbildung so wichtig wie die akademische sind.

[Lesen Sie auf Tagesspiegel Plus: Das Zugpferd – so ist Reiner Haseloff die Überraschung in Sachsen-Anhalt gelungen]

So lassen sich überall Felder finden, die die SPD nicht mehr ausreichend bestellt. Weil sie nicht mehr da hingeht, wo’s stinkt und rußt und verölt ist, sondern sich denen mit weißen Kragen und in Anzügen verschreibt. Bei denen tummeln sich allerdings schon andere, Konservative, Grüne. Wer mit dem SUV zum Discounter fährt, ist nicht notwendigerweise für die SPD ansprechbar. Wer aber dort einkauft, weil er‘s muss, schon. Und das sind die Mehreren.

20, 19, 18, 17, 16, 15, 14 – es ist, als werde gerade ein Countdown runtergezählt. Und die SPD erscheint vom Schrecken hypnotisiert. Früher, ja, da wäre da was oder einer explodiert. Heute scheinen alle zu warten, wann die Partei implodiert. Nach der Schlagzeile vom 26. September: SPD deutlich über 5 Prozent. Das immerhin wird dann ja wohl noch stimmen.

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