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64 Tote seit der Wiedervereinigung: Offizielle Zahl rechter Todesopfer korrigiert

64 Opfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung zählt die offizielle Statistik nun, ein Fall aus Leipzig wurde neu bewertet. Laut der Zählung des Tagesspiegels sind es allerdings sogar 153 Tote.

Von Frank Jansen

Die offizielle bundesweite Zahl der Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung ist um einen Fall auf 64 gestiegen. Das sächsische Innenministerium hat jetzt den Mord an dem Jugendlichen Thomas K. in Leipzig mehr als elf Jahre nach der Tat als „politisch rechts motiviertes Tötungsdelikt“ eingestuft und dem Bundeskriminalamt gemeldet.

Ein Rechtsextremist hatte den 16-jährigen Thomas K. für einen Drogenkonsumenten gehalten und ihn am 4. Oktober 2003 im Stadtteil Wahren erstochen. Obwohl ein Gericht den Täter wegen Mordes verurteilte und ihm bescheinigte, Drogenkonsumenten hätten zu seinem rechten Feindbild gehört, wurde der Fall von der Polizei zunächst nicht als rechtes Tötungsdelikt gewertet. Das Ministerium gab nun zu, das sich aus dem Urteil ergebende Motiv sei der Polizei erst jetzt bekannt geworden.

Das sächsische Innenministerium erfuhr durch eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) vom Mord an Thomas K. Die Abgeordnete hatte im Februar 2014 zudem vier weitere Tötungsdelikte genannt, die sie als rechte Verbrechen ansieht. Das Ministerium hat aber nur den Fall Thomas K. neu bewertet. Die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt in Sachsen seit der Wiedervereinigung steigt nun auf zehn.

Die Erfassung rechter Gewaltdelikte mit Todesfolge ist schon seit langem umstritten. Auch die neue bundesweite Gesamtzahl der Polizei von 64 Todesopfern erscheint als zu niedrig. Bei jahrelangen Recherchen kam der Tagesspiegel zuletzt auf mindestens 152 Tote. Mit dem Fall Thomas K. sind es sogar 153. Die Polizeibehörden der Länder haben allerdings nach dem Ende der Terrorzelle NSU im November 2011 eine Prüfaktion zu vielen Tötungsdelikten eingeleitet, bei denen ein rechter Hintergrund möglich erscheint. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen.

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