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Klimaaktivisten der Letzten Generation sind offenbar auch bei telefonischen Gesprächen mit Journalisten abgehört worden.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Abhöraktion bei Letzter Generation : Innenausschuss-Vorsitzender bezweifelt Verhältnismäßigkeit

Die Generalstaatsanwaltschaft München hört Klima-Aktivisten ab, selbst in Gesprächen mit Journalisten. SPD und Linke äußern Kritik.

Vertreter von SPD und Linken haben eine mutmaßliche Abhöraktion bayerischer Ermittler gegen Klimaaktivisten der Letzten Generation kritisiert. „Das gesamte Vorgehen wirft Fragen nach der Verhältnismäßigkeit auf“, sagte Lars Castellucci, amtierender Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag, dem Tagesspiegel.

Diese Fragen richteten sich nicht nur an die Behörden, sondern auch an die Politik. „Die Sorgen vor einer Radikalisierung des Klimaprotests sind ernst zu nehmen“, sagte der SPD-Politiker: „Der Straftatbestand einer kriminellen Vereinigung darf aber keine Einladung zu Vorgehensweisen sein, der die Beschuldigten erst in die Radikalität treibt.“ Die Abhöraktion ging von der Generalstaatsanwaltschaft München aus.

Bartsch sieht in Abhöraktion „unanständigen Wahlkampf“

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch bewertete die Abhöraktion als Teil des bayerischen Wahlkampfes. In Bayern wird im Oktober ein neuer Landtag gewählt. „Die Abhöraktion der bayerischen Generalstaatsanwaltschaft ist völlig unangemessen und zeigt, dass es falsch ist, dass Staatsanwälte politisch weisungsgebunden sind. Sie werden zu einem unanständigen Wahlkampf missbraucht“, sagte Bartsch dem Tagesspiegel.

Die Abhöraktion der bayerischen Generalstaatsanwaltschaft ist völlig unangemessen.

Dietmar Bartsch, Linken-Fraktionsvorsitzender

Wer „mit unverhältnismäßigen Maßnahmen mit Kanonen auf Spatzen schießt“, verliere junge Menschen für Demokratie und Rechtsstaat, sagte Bartsch. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) wollten die Abhöraktion nicht kommentieren. Die Unions-Bundestagsfraktion und Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn sahen sich am Samstag nicht in der Lage, Stellung zu beziehen.

Daten zu Handys, Mailboxen, E-Mails

Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ haben bayerische Ermittlungsbehörden monatelang Telefongespräche von Klimaaktivisten der Letzten Generation abgehört. Sie hätten zudem Genehmigungen eingeholt, um die Standortdaten von Handys zu ermitteln, Mailboxen von Aktivisten abzuhören und deren E-Mails „in Echtzeit“ mitzulesen. Betroffen war demnach auch ein Festnetzanschluss mit Berliner Vorwahl, den die „Letzte Generation“ als offizielles Pressetelefon ausgibt. 

Die Klimaaktivisten zeigten sich empört über die Abhöraktion ihrer Vertreter und Mitglieder gezeigt. Dass etwa auch private Telefongespräche mitgehört und protokolliert wurden, sei „verstörend“, erklärte die Sprecherin der Bewegung, Carla Hinrichs, am Samstag.

„Absurd und erschreckend“

Die möglicherweise gleichfalls betroffene Aktivistin Imke Bludszuweit nannte es laut einer Erklärung „absurd und erschreckend, welche Geschütze hier aufgefahren werden, um friedlichen Protest zu unterdrücken“. Ungeachtet des Vorgehens gegen die Bewegung werde die Gruppe „ihren Protest auch in der nächsten Woche in ganz Deutschland auf die Straße tragen“.

Die Letzte Generation verwies darauf, seit März seien in einem öffentlichen Wiki Strukturen, Strategie und Ziele ihrer Organisation „übersichtlich nachzulesen“. Unterstützerinnen der Letzten Generation stünden mit Namen und Gesicht zu ihrem Protest, „erscheinen regelmäßig vor Gericht und stellen sich dort Freisprüchen und Verurteilungen gleichermaßen“. 

Die Gruppe „Omas Gegen Rechts“ kritisierte Versuche, die Letzte Generation „zu kriminalisieren“, und zwar „unabhängig davon, ob wir die Aktionen der Gruppe für zielführend im Sinne des Klimaschutzes halten“.

In Brandenburg ermittelt Staatsanwaltschaft

Erst jüngst stellte sich Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) hinter Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen die Letzte Generation wegen des Anfangsverdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Ministerium habe die Verhältnismäßigkeit der Ermittlungen überprüft und entschieden, dass diese Einschätzung der Staatsanwaltschaft vertretbar und nicht zu beanstanden sei, sagte Hoffmann Mitte Juni im Rechtsausschuss des Landtags.

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