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Afghanistan

© dpa

Afghanistan-Einsatz: Der Wunsch nach Rückhalt

Frust, Wut, Trauer – die deutschen Soldaten und deren Angehörige fühlen sich alleinegelassen. die Arbeit der Soldaten werde von der Bevölkerung noch immer nicht ausreichend anerkannt.

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Berlin - Seit mehr als sieben Jahren läuft der gefährlichste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr. Während sich die Soldaten am Hindukusch der Gefahren für Leib und Leben nur allzu bewusst sind, tut man sich in der Heimat schwer, mit der Mission und ihren Folgen umzugehen – besonders wenn es zum Schlimmsten kommt, wenn wie am Dienstag wieder deutsche Soldaten sterben. 35 sind es seit Beginn des Einsatzes Anfang 2002, viele mehr wurden – zum Teil sehr schwer – verletzt.

Erst vor wenigen Monaten änderte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) seine Wortwahl, sprach davon, dass deutsche Soldaten im Einsatz „gefallen“ sind. Im Herbst 2008 begann nach langen Diskussionen im Berliner Bendlerblock der Bau für ein Ehrenmal für Angehörige der Bundeswehr, die „in Folge der Ausübung ihrer Dienstpflichten für die Bundesrepublik Deutschland ihr Leben verloren haben“. Anfang September soll es eingeweiht werden.

Viele der derzeit 3720 deutschen Soldaten am Hindukusch, das ist immer wieder zu hören, wünschen sich mehr Rückhalt in der Heimat. Die Debatte in Deutschland, ob sie sich in einem Krieg befinden oder nicht, löst bei vielen Frustration und Wut aus. Für sie stellt sich die Frage nicht. Sie nehmen am heutigen Samstag in Kundus Abschied von drei toten Kameraden im Alter von 21 bis 23 Jahren. Für sie ist das Antwort genug.

Auch der Wehrbeauftragte des Parlaments, das die Bundeswehr 2002 in den Einsatz schickte, klagt, die Arbeit der Soldaten werde von der Bevölkerung noch immer nicht ausreichend anerkannt. Er forderte unter anderem Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaft auf, klar zur Truppe zu stehen. Robbe wünschte sich einen „positiven Patriotismus“ der Deutschen, der beispielsweise in einem jährlichen bundesweit organisierten Gottesdienst für die Gefallenen Ausdruck finden könnte. Dies wäre ein Zeichen menschlicher Zuwendung.

Kritik gab und gibt es auch an der Bundeswehr – von Verletzten oder den Angehörigen gefallener Soldaten. Inzwischen bieten zwar zahlreiche Stellen Hilfe an. „Aber es gibt niemanden, der die verschiedenen Angebote wirklich koordiniert. Gerade viele Hinterbliebene fühlen sich hilflos und im Stich gelassen“, sagt ein Insider. Die Trauernden müssten sich nach wie vor durch einen bürokratischen Berg kämpfen. Und eine Witwe klagt: „Von Fingerspitzengefühl kann bei der Bundeswehr keine Rede sein. Ich weiß, dass das nicht nur bei mir so war.“

Stirbt ein deutscher Soldat im Auslandseinsatz, sind die Abläufe nahezu immer gleich. Wenn irgend möglich, überbringt der Kommandeur der Einheit, zu der der Gefallene gehörte, in Begleitung eines Militärseelsorgers, eines Arztes oder Psychologen der Familie persönlich die Nachricht. Erst danach informiert das Ministerium die Öffentlichkeit. Die Angehörigen empfangen den Leichnam unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nach einer kurzen Zeremonie wird er von einem Beerdigungsinstitut übernommen. Stimmen die Familien zu, gibt es eine zentrale Trauerfeier – wie jetzt für die drei Gefallenen am nächsten Donnerstag im thüringischen Bad Salzungen.

Die Bestattung findet im Kreise der Familie auf normalen Friedhöfen statt. Soldatenfriedhöfe wie in den USA gibt es in Deutschland nicht. Die Kosten übernimmt der Bund – nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch für Grabschmuck und -pflege.

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