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Afghanistan: Zivile Opfer sind zu vermeiden

Kurswechsel des US-Militärs in Afghanistan: Künftig hat der Schutz der afghanischen Bevölkerung absolute Priorität. Außerdem sollen sich die Soldaten verstärkt um die Zustimmung der Anwohner zu ihrem Einsatz bemühen.

Von Michael Schmidt

Jetzt hat der Strategiewechsel von US-Präsident Barack Obama die US-Truppen in Afghanistan erreicht. Nach einem Befehl des Isaf-Kommandeurs Stanley McChrystal, den die Nato am Dienstag in Auszügen veröffentlichte, hat der Kampf um die Zustimmung der afghanischen Bevölkerung und deren Schutz künftig absolute Priorität. In der Konsequenz heißt das für den Einsatz am Hindukusch vor allem eines: weniger Luftangriffe, die für die meisten zivilen Opfer bei Militäroperationen verantwortlich sind. Die Unterstützung der Afghanen „zu erlangen und zu erhalten“ müsse das „alles überragende“ Anliegen „und das Ziel jeder unserer Aktionen sein“, heißt es in dem Papier des neuen Kommandeurs der Isaf und der US-Truppen in Afghanistan.

Mehr als alle Maßnahmen konventioneller Kriegführung wie Geländegewinne und das Zurückschlagen gegnerischer Truppen, mehr auch als die Zahl getöteter Taliban, werde „die Art und Weise unseres Vorgehens über den Ausgang“ des Krieges entscheiden. „Wir müssen vermeiden, taktische Siege zu erzielen – während wir gleichzeitig strategische Niederlagen erleiden, indem wir zivile Opfer oder exzessive Schäden verursachen und damit das Volk verprellen.“ Die „taktische Direktive“ gilt für die Nato-geführte Isaf-Schutz- und Stabilisierungsmission ebenso wie für alle US-Truppen in Afghanistan.

„Ich erwarte von allen Anführern auf allen Ebenen, den Einsatz von Luftunterstützung gegen Wohnsiedlungen und andere Orte, die voraussichtlich zu zivilen Opfern führen, in Übereinstimmung mit dieser Richtlinie zu hinterfragen und zu begrenzen“, heißt es in dem Papier weiter. „Kommandeure müssen den durch direkte Luftunterstützung erzielten Gewinn gegen die Kosten ziviler Opfer abwägen, die den langfristigen Erfolg unserer Mission erschweren und das afghanische Volk gegen uns aufbringen.“ Bei den verhassten Hausdurchsuchungen wird künftig afghanischen Sicherheitskräften eine größere Rolle zugewiesen. „Keine Isaf-Truppen werden in eine Moschee oder einen anderen religiösen oder historischen Ort eindringen oder darauf schießen, außer zur Selbstverteidigung.“

Die Anordnung ist ein Ergebnis der neuen Afghanistanstrategie von US-Präsident Barack Obama, die einen Schwerpunkt darauf setzt, die Afghanen durch zivilen Wiederaufbau für die Kabuler Regierung zu gewinnen. Sie bedeutet zugleich eine Abkehr von der militärisch dominierten Vorgehensweise von Obamas Vorgänger George W. Bush. Die neue Regierung hatte McChrystal erst vor kurzem eingesetzt. Opfer unter der Zivilbevölkerung bei Militäroperationen sorgen für großen Unmut in der afghanischen Bevölkerung. Vor zwei Wochen hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dem Weltsicherheitsrat berichtet, dass zwischen Januar und Mai 800 Zivilisten in Afghanistan getötet worden seien, 24 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Michael Schmidt

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