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Will massive Kontaktbeschränkungen: Kanzlerin Angela Merkel.

© REUTERS

Update

Alle Freizeiteinrichtungen sollen schließen: Bund will Kontakte im November auf „absolut notwendiges Minimum beschränken“

Merkel gehen die bisherigen Regelungen angesichts steigender Infektionszahlen nicht weit genug. Die wichtigsten Kanzleramtspläne im Überblick.

Von Michael Schmidt

Deutschland steuert in der Corona-Pandemie auf drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Ministerpräsidenten während der für Mittwoch angesetzten Schaltkonferenz von harten Maßnahmen überzeugen, um einen Kontrollverlust angesichts der der rasant zunehmenden Corona-Neuinfektionen zu verhindern.

WAS WILL DAS KANZLERAMT?

Der Bund will angesichts dramatisch steigender Corona-Infektionszahlen den gemeinsamen Aufenthalt in der Öffentlichkeit deutschlandweit nur noch Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes gestatten. Dies gelte verbindlich, Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen würden von den Ordnungsbehörden sanktioniert, heißt es in einem Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes, der dem Tagesspiegel vorliegt. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen seien angesichts der ernsten Lage inakzeptabel.

Insgesamt solle die Bevölkerung angehalten werden, vom 4. November bis Ende November die Kontakte zu anderen Menschen "auf ein absolutes Minimum zu beschränken". Ausgenommen seien Angehörige des eigenen Hausstandes.

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Unter anderem sollen Gastronomiebetriebe wie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen geschlossen werden - ausgenommen Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause.
Der Bund will zudem touristische Übernachtungsangebote im Inland für fast den gesamten November verbieten. Übernachtungsangebote dürften nur noch für notwendige Zwecke gemacht werden, Die Regelung soll vom 4. November bis Ende des Monats gelten.

Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, sollen deutschlandweit fast den ganzen November untersagt werden. So sollen Theater, Opern oder Konzerthäuser vom 4. November an bis Ende des Monats schließen. Diese Regelung betrifft auch den Freizeit- und Amateursportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern sowie Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen. Auch Messen, Kinos und Freizeitparks sollen schließen.

Schulen und Kindergärten sollen offen bleiben. Die Länder sollten aber weitere Schutzmaßnahmen in diesen Bereichen einführen. Der Einzelhandel soll demnach unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen insgesamt geöffnet bleiben.

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Im Kanzleramt scheint man überzeugt zu sein, dass eine kurze und klare Bremse eingelegt werden müsse. Nur so kann ein längerer Lockdown wie im Frühjahr verhindert werden, der verheerende Auswirkungen für die Wirtschaft hätte.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen hatte Merkel mehrfach an die Bürger appelliert, ihre sozialen Kontakte einzuschränken und so die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Merkel gehen die bisherigen Verbote und Regelungen der Länder nicht weit genug.

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WAS WOLLEN DIE SPD-REGIERTEN LÄNDER?

In einem Entwurf für einen Beschlussvorschlag, der in den SPD-geführten Ländern plus Thüringen diskutiert wird und dem „Spiegel“ vorliegt, ist von einem "schrittweisen Herunterfahren des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens" die Rede. Dies könne notwendig werden, wenn alle anderen Maßnahmen nicht reichten, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen.

In dem Papier für die Runde der sogenannten A-Länder, das sich noch im Entwurfsstadium befinde, heiße es, zur Verhinderung weitreichender Folgen über die Pandemie hinaus sollte die Berufstätigkeit generell weiter ermöglicht werden. Dafür gelte es, Schulen und Kitas offenzuhalten.

Folgende Maßnahmen sollten die Länder dem Entwurf zufolge in ihre Covid-19-Verordnungen aufnehmen:

Bis zum 30. November sollen "in Privatwohnungen nur Personen aus zwei Haushalten zusammenkommen dürfen oder Personen aus einem Haushalt und maximal zwei Haushalts-ferne Personen". Kinder bis 12 Jahre sollen davon ausgenommen werden.

Bei familiären Anlässen wie Beerdigungen, Hochzeiten, Taufen und ähnlichem sollen maximal 15 Teilnehmer zugelassen sein.

[Alle aktuellen Entwicklungen in Folge der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.]

Sollte das nicht reichen, skizziert der Entwurf ein schrittweises weiteres Herunterfahren des öffentlichen Lebens im Land. Die vorgeschlagene "Schließungs-Reihe" folge dabei der Logik, "möglichst zusätzliche, unnötige Kontakte sowie An- und Abfahrbegegnungen zu reduzieren, ohne einen vollkommenen Lockdown mit seinen schweren wirtschaftlichen und sozialen Folgen ausrufen zu müssen", heißt es in dem Entwurf.

Ob eine Mehrheit der Ministerpräsidenten die Vorschläge am Mittwoch mitträgt, ist offen. Dem Vernehmen nach gehen manchen Länderchefs die Maßnahmen zu weit - andere favorisieren dagegen noch schärfere Regeln. Wie schon bei vergangenen Treffen der Ministerpräsidenten mit Merkel zur Coronakrise dürfte es schwierig werden, eine gemeinsame Linie zu finden.

WAS WOLLEN CDU-GEFÜHRTE LÄNDER?

Nordrhein-Westfalen will in den Beratungen auf weitergehende Maßnahmen dringen. Das geht aus einem Thesenpapier aus dem NRW-Gesundheitsministerium vor, das ntv vorliegt. Eine Priorität zur Unterbrechung der aktuellen Infektionsentwicklung müsse "die Beachtung und Umsetzung der bestehenden Regeln" sein, heißt es in dem Papier.

Weitergehende Maßnahmen seien angesichts der aktuellen Entwicklung unvermeidbar, "müssen aber zentrale Zukunftsbereiche anders als im Frühjahr aussparen".

Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt Ministerpräsident Laschet die weitgehende Beschränkung privater Kontakte vor. Er setze sich ein für die "Wiedereinführung eines strengeren Kontaktverbots", sagte er am Dienstag in Düsseldorf. "Wir müssen unsere sozialen Kontakte drastisch reduzieren."

Der überwiegende Teil der Corona-Neuinfektionen passierten "in der privaten Lebenswelt", begründete Laschet seine Forderung. Letztlich sollten sich mehrere Menschen nur noch dann treffen, wenn dies nötig sei "zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens".

Entscheidend seien aber nicht die politischen Beschlüsse, gab Laschet zu bedenken, sondern "das Verhalten der Menschen".

Einen kurzzeitigen kompletten Lockdown für sieben Tage wie von einigen Politikern gefordert lehnte Laschet ab. Ein solches Vorgehen würde große Schäden verursachen und niemand könne sicher sagen, ob die Lage danach tatsächlich besser wäre. "Ich halte eine Entschleunigung im Monat November für zielgerichteter."

Das Thesenpapier schlägt außerdem eine Schließung von Sport- und Freizeitangeboten in geschlossenen Räumen vor, ein Verbot von Kontaktsport, ein Verbot von Veranstaltungen, Messen und Kongressen sowie ein Verbot von "Spezial- und Jahrmärkten". Wochenmärkte, die der Lebensmittelversorgung dienen, sollen von dem Verbot ausgenommen sein.

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Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) stimmte die Deutschen auf einschneidende Maßnahmen ein. „Die Lage ist weit dramatischer, als viele glauben“, sagte Bouffier der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Ministerpräsidenten würden bei ihrem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch „harte Entscheidungen“ treffen.

Bouffier warnte vor einer Überlastung der Krankenhäuser. „Bei uns laufen die Betten zu“, sagte der hessische Ministerpräsident. „Schon heute gehen wir an die Grenzen.“ Über das Gespräch mit der Kanzlerin sagte Bouffier: „Wir werden für Deutschland einiges beschließen, was weh tut und nicht schön ist.“

Zuvor hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärt, bei den Beratungen werde es nicht darum gehen, ob es weitere Einschränkungen geben werde, sondern darum, „was eingeschränkt wird“. Die Pandemie einfach laufen zu lassen, sei keine Option: „Man muss jetzt in das System eingreifen, weil wir ansonsten Zahlen bekommen, die nicht beherrschbar sind“, sagte Kretschmer.

Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) kündigte für sein Land eine Obergrenze von 10 Teilnehmern für alle Bereiche - auch im Freien - in den nächsten drei Wochen an. Diese Kontaktbeschränkungen würden unabhängig von den Ergebnissen von diesem Mittwoch gelten, betonte er.

Schulen und Kitas sollen möglichst nicht geschlossen werden

Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl fordert bei einer weiteren Verschärfung der Corona-Lage einen gut einwöchigen Lockdown in Deutschland.

„Wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, dann müssen wir Maßnahmen in den Blick nehmen, etwa, dass wir auch einmal für eine Woche alles dicht machen, dass von Freitag bis Sonntag die Woche drauf gar nichts mehr geht“, sagte der baden-württembergische Innenminister dem Nachrichtenportal „The Pioneer“.

Auf die Frage, ob die Schließung auch Schulen, Kitas und Geschäfte betreffen würde, sagte Strobl: „Alles heißt alles.“ Das bedeute auch Einschränkungen im Grenzverkehr.

Damit könne man das Infektionsgeschehen zum Stillstand bringen, argumentierte Strobl. Der Vorteil dieser „sehr, sehr harten“ Lösung wäre die zeitliche Begrenzung. Der CDU-Politiker betonte aber auch, dann wären ein Weihnachtsgeschäft und eine gemeinsame Weihnachtszeit mit der Familie wieder möglich.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff stimmt die Öffentlichkeit auf weitere Einschränkungen ein. Diese müssten aber zeitlich begrenzt bleiben, sagt der CDU-Politiker. Er hoffe, dass bei den Beratungen eine vernünftige Lösung gefunden werde.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder plädiert für einen Übergang von lokalen und regionalen Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie hin zu bundesweiten Maßnahmen. Aufgrund der zunehmenden Zahl an Hotspots rücke diese Schwelle näher, sagt Söder nach einer Kabinettssitzung in München. Er wünsche sich, dass die Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch "nicht halbherzige Maßnahmen, sondern ein wirksames Konzept" beschließe.

UND THÜRINGEN?
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will einen Beschluss der Länder zu einem möglichen neuen Lockdown nicht mittragen. Die Ministerpräsidentenkonferenz nehme in der Pandemiebewältigung eine wichtige strukturierende Aufgabe wahr. "Diese Aufgabe darf sie jedoch nicht überstrapazieren", erklärte der Linkspolitiker.

Ramelow befürwortet eine Stärkung der Parlamente bei der Pandemiebewältigung. Eine Verfahrensweise in der Ministerpräsidentenkonferenz, "in der äußerst kurzfristig eingebrachte Beschlussvorlagen" mit besonders eingriffsintensiven Maßnahmen wie Ausgangssperren, Kontaktverbote und die Verhängung eines Lockdowns verhandelt und beschlossen werden sollen, lehne er ab.

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