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Der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei.

© dpa/Hannes P Albert

Zurückweisungen an deutschen Grenzen: Union fordert weitergehende Beschlüsse zur Migration

Strengeres Waffenrecht, mehr Härte gegenüber abgelehnten Asylbewerbern: Die Regierung zieht nach dem Terroranschlag von Solingen erste politische Konsequenzen. Der Union reicht das nicht.

Stand:

Nach dem Terroranschlag von Solingen hat sich die Bundesregierung auf erste politische Konsequenzen verständigt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Anja Hajduk (Grüne), die Staatssekretärin von Wirtschaftsminister Robert Habeck, stellten am Donnerstagnachmittag ihre Pläne vor, wie der Waffenbesitz strenger reglementiert, die Asylregeln verschärft und der Kampf gegen den Islamismus verstärkt werden soll. Dazu wird Faeser zufolge „zeitnah“ ein entsprechendes Sammelgesetz vorgelegt.

Bei Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen soll das Tragen von Messern etwa in Bussen und Bahnen oder bei Großveranstaltungen grundsätzlich verboten sein. Um möglichen dschihadistischen Tätern besser auf die Spur zu kommen, sollen die Befugnisse des Verfassungsschutzes wie auch des Bundeskriminalamts deutlich erweitert werden.

Für die FDP, die frühere Gesetzentwürfe Faesers dazu ausgebremst hatte, gab Buschmann in diesen Punkten nach. Dem BKA etwa die automatische Gesichtserkennung als Instrument an die Hand zu geben, hatten jedoch auch die Grünen bislang abgelehnt.

Wer in Deutschland Menschen mit einem Messer bedroht, muss abgeschoben werden.

Justizminister Marco Buschmann (FDP)

Die asyl- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen werden deutlich verschärft, nachdem der Attentäter von Solingen vor seiner Bluttat nicht in sein EU-Erstaufnahmeland Bulgarien rücküberstellt worden war. In solchen Fällen sollen künftig keine staatlichen Leistungen mehr erbracht werden. Wer als Flüchtling Urlaub in seinem Heimatland macht, soll künftig den Schutzstatus verlieren. Das soll erst recht bei Gewaltanwendung gelten.

„Wer in Deutschland Menschen mit einem Messer bedroht, muss abgeschoben werden“, betonte Justizminister Buschmann. Dieses „besondere Ausreiseinteresse“ werde „auch für Jugendliche gelten“. Für einen besseren Vollzug des Abschieberechts in der Praxis soll eine Arbeitsgruppe weitere Schwachstellen identifizieren.

Unionsfraktion vermisst Zurückweisungen und Vorratsdatenspeicherung

Der Unionsfraktion im Bundestag geht die Ampel-Regierung jedoch nicht weit genug. „In dem Papier steht wenig Falsches drin, aber eben auch viel zu wenig, um der aktuellen Herausforderung gerecht zu werden“, sagte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei, der kommende Woche in dem Gespräch zwischen Bundesregierung und größter Oppositionsfraktion CDU und CSU vertreten wird, dem Tagesspiegel: „Es ist zwingend, dass wir am Dienstag über andere Themen sprechen.“

Für eine Art unkonventioneller Anhörung zu Gesetzentwürfen, die die Koalition bereits im Vorfeld beraten hat und die man uns am Dienstag auf den Tisch legt, stehen wir nicht zur Verfügung.

Thorsten Frei (CDU), Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, zeigt sich von der Vorgehensweise der Ampel-Regierung befremdet.

„Entscheidend“ sind aus seiner Sicht Zurückweisungen an den deutschen Grenzen: „Das ist aus unserer Sicht europarechtlich möglich, auch wenn uns bewusst ist, dass das mit den europäischen Partnern zu harten Diskussionen führen kann.“ Leistungskürzungen für ausreisepflichtige Dublin-Fälle bezeichnete er als einen ersten Schritt, der aber die Probleme nicht lösen werde.

„Das Problem sind die Überstellungen, die uns unmöglich gemacht werden – so hat es nach Italien beispielsweise im gesamten ersten Halbjahr gerade einmal zwei Dublin-Rücküberstellungen gegeben“, sagte Frei.

Grüne sehen eigene Regierung handlungsfähig

Alexander Throm, der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, verwies auf eine weitere Leerstelle, die aus seiner Sicht in dem Ampel-Papier besteht. „Selbst nach einem Anschlag schaffen es die FDP und Buschmann nicht, sich von ihrer gefährlichen Ideologie bei der Verweigerung der Vorratsdatenspeicherung zu trennen“, sagte er dem Tagesspiegel: „Gerade bei der Terrorabwehr bleibt diese Blockade der FDP eine Gefahr für die Bevölkerung.“

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Dublin-Überstellungen nach Italien soll es lediglich im ersten Halbjahr 2024 gegeben haben, sagt Thorsten Frei.

Frei kritisierte auch die Vorgehensweise, dass die Ampel-Regierung vor dem Treffen mit der Opposition bereits Fakten geschaffen hat: „Für eine Art unkonventioneller Anhörung zu Gesetzentwürfen, die die Koalition bereits im Vorfeld beraten hat und die man uns am Dienstag auf den Tisch legt, stehen wir nicht zur Verfügung. Dazu gibt es ein parlamentarisches Verfahren.“

Aus Sicht von Lamya Kaddor, der innenpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion, zeigt die Einigung dagegen, „dass die Ampel in Fragen der inneren Sicherheit handlungsfähig bleibt, auch in Zeiten der massiven Bedrohung von innen und außen“.

Sie sagte jedoch auch mit Blick auf die parlamentarischen Beratungen: „Für die Umsetzung muss man sich die Vereinbarungen natürlich jetzt im Detail anschauen – etwa die zum Datenschutz oder auch zum Aufenthaltsrecht.“

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