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Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, möchte das Arbeitslosengeld II durch eine neue Garantiesicherung ersetzen.

© Jens Büttner/ZB/dpa

Arbeitslosengeld II: Grünen-Chef Habeck will Hartz IV durch "Garantiesicherung" ersetzen

Wie die SPD erwägen auch die Grünen, das ALG II abzuschaffen. Parteichef Robert Habeck plädiert für ein System, das "bedingungslos und bedarfsgerecht" ist.

Grünen-Chef Robert Habeck regt an, das umstrittene Hartz-IV-System abzuschaffen und durch eine neue Garantiesicherung zu ersetzen. Dabei sollen der Zwang zur Arbeitsaufnahme und die zugehörigen Sanktionen wegfallen, wie es laut „Zeit Online“ in einem internen Strategiepapier heißt.

Die neue existenzsichernde Leistung soll demnach höher ausfallen als das heutige Arbeitslosengeld II, wie Hartz IV offiziell heißt. Im Gegensatz zu einem bedingungslosen Grundeinkommen soll die neue Sicherung allerdings von der Bedürftigkeit abhängig bleiben. „Nach wie vor gibt es eine Antragstellung, und die Bedürftigkeit muss nachgewiesen werden“, heißt es laut „Zeit Online“ in dem Papier. Und weiter: „Die Zeit und die politische Debatte sind über Hartz IV hinweggegangen.“

Neues System soll bedingungslos und bedarfsgerecht sein

Das neue System solle bedingungslos und bedarfsgerecht zugleich sein, heißt es demnach weiter. Habeck will außerdem die Schonvermögen anheben und die Zuverdienstmöglichkeiten erweitern. Habeck rechnet demnach damit, dass bei einem Umbau des Systems zu einer Garantiesicherung vier Millionen Haushalte zusätzlich Anspruch auf Leistungen hätten. Das Papier soll nun im Rahmen des Grundsatzprogrammprozesses in der Partei diskutiert werden.

Von der neuen Garantiesicherung hatte Habeck bereits im Frühjahr gesprochen, allerdings ohne Details zu nennen. In einem Gastbeitrag schrieb er damals: „Wir werden darüber reden müssen, auch für die Erwerbstätigen ein neues, existenzsicherndes Garantiesystem zu schaffen, das Demütigung durch Ermutigung ersetzt und Anreize für Erwerbsarbeit schafft.“ Die weit verbreitete Angst vor Abstieg und Armut „frisst die Seele auf und das Grundvertrauen in die Gesellschaft gleich mit“, bilanzierte er.

Auch in der SPD wird derzeit intensiv über die Zukunft von Hartz IV diskutiert. Parteichefin Andrea Nahles sagte am Wochenende, ihre Partei wolle den Sozialstaat grundlegend reformieren und dabei Hartz IV abschaffen: "Wir werden Hartz IV hinter uns lassen." Ihre Partei wolle eine neue Grundsicherung schaffen. Wie genau die „Sozialstaatsreform 2025“ aussehen soll, ist bislang unklar.

Kühnert: Positive statt negative Anreize schaffen

Juso-Chef Kevin Kühnert sprach sich für einen neuen Umgang mit Verstößen von Hartz-IV-Beziehern gegen Vorgaben der Jobcenter aus. Die Sanktionen für solche Fälle sollten abgeschafft werden, sagte Kühnert der "Rheinischen Post" vom Dienstag. Stattdessen könnten zusätzliche Vergünstigungen für Hartz-IV-Bezieher eingeführt und bei Verstößen gestrichen werden.

Vielleicht bringen die Grünen ja was Vernünftiges auf die Schiene. Das ist auch deshalb interessant, weil sich ja abzeichnet, dass die nächste Bundesregierung - eine Post-Merkel-Regierung - wahrscheinlich von Union und Grünen gebildet werden wird.

schreibt NutzerIn 2010ff

"Wer Anreize schaffen will, der sollte diese positiv ausgestalten", sagte Kühnert der Zeitung. Dies könne "beispielsweise durch stärkere Vergünstigungen bei der Nutzung von Freizeitangeboten" umgesetzt werden.

Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW), Marcel Fratzscher, sieht Hartz IV als nicht mehr zeitgemäß an. "Hartz IV ist ungeeignet, um die heutigen Herausforderungen zu lösen", sagte er der "Rheinischen Post". Die Politik brauche neue Konzepte, um die soziale Teilhabe zu verbessern. "Deutschland hat einen ungewöhnlich großen Niedriglohnbereich, zu viele Geringqualifizierte und viel zu viele Menschen, die von Armut bedroht sind."

Derweil warnten die Kommunen vor einer Abkehr vom Prinzip Fördern und Fordern. Ziel einer Hartz-IV-Reform müsse es sein, die wirklich Bedürftigen besser zu erreichen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gleichzeitig müsse sichergestellt sein, "dass der Sozialstaat zukunftsfest und das heißt auch dauerhaft finanzierbar bleibt", mahnte Landsberg. "Dabei muss man auch vor der Illusion warnen, der Staat könne quasi ein All-inclusive-Paket für jedermann anbieten." (dpa, AFP)

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