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Penny Wong ist die erste asiatischstämmige und offen homosexuelle Ministerin Australiens.

© AFP/Saeed Khan

Australiens neue Außenministerin: Diese Frau soll China bändigen

Penny Wong ist in Australien eine Symbolfigur der queeren Szene. Nun soll sie den Machtkampf gegen China um den Pazifikraum anführen.

Seit dem 14. November 2017 ist Penny Wong für viele Australierinnen und Australier eine Heldin. An jenem Tag stimmten 61,6 Prozent in einer Volksbefragung für die gleichgeschlechtliche Ehe.

Jahrelang hatte Wong, die erste offen homosexuelle Abgeordnete im australischen Parlament, für die Ehe für alle gekämpft. Als das Ergebnis verkündet wurde, brach sie in Tränen aus und feierte mit ihrer Lebensgefährtin.

Heute ist Wong nicht nur eine Symbolfigur der queeren Szene, die 53-Jährige ist Australiens mächtigste Frau. Im Kabinett von Neu-Premier Anthony Albanese ist sie Außenministerin.

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Ihre Aufgaben sind herausfordernd: Wong soll die sehr schlechten australisch-chinesischen Beziehungen verbessern und gleichzeitig die Rolle als Bollwerk der westlichen Demokratien im Pazifikraum stärken.

Zugetraut wird ihr das allemal: Viele Experten sehen in ihr die eigentliche Führungskraft der Regierung. Sie gilt als außenpolitisch erfahrener als ihr Chef, dabei als nervenstark und zielstrebig. Im März wurde sie zudem zu Australiens beliebtester Politikerin gewählt.

Die ersten Jahre in Australien waren ein "Schock"

Ihr Werdegang ist eine dieser Aufsteigergeschichten, die die Australier ebenso lieben wie die Amerikaner. Auch wenn sie fernab von Down Under begann.

Denn geboren wurde Penelope Ying-Yen Wong 1968 im malaysischen Kota Kinabalu, im Norden Borneos. Ihr Vater ist Malaysier chinesischer Abstammung, ihre Mutter Australierin. In die mütterliche Heimat kam Wong erst mit acht Jahren, nach der Scheidung der Eltern.

Die erste Zeit in der Metropole Adelaide beschreibt sie in einem autobiografischen Text als „Schock“. Sie und ihr Bruder seien die einzigen Asiaten in ihrer Nachbarschaft gewesen – und fühlten sich wie Tiere in einem Zoo.

„Zum ersten Mal bemerkte ich, dass meine Herkunft anderen auffällt, dass das ein Thema ist“, erinnert sich Wong. Der Ausgrenzung versuchte sie mit Leistung zu begegnen. „Ich wollte besser sein als die, die mich beschimpften.“ Und sie war besser.

Sie studierte Jura, engagierte sich in der Gewerkschaft und der sozialdemokratischen Labour-Party, wurde 2002 erstmals Parlamentsabgeordnete in Canberra.

Doch während sie in Karriere machte, zerbrach ihr Bruder am australischen Rassismus. „Menschen sind unterschiedlich. Und er war verletzlicher und sanftmütiger. Das ist etwas Wunderbares, aber das macht es einem schwerer in unserer Welt", schreibt sie in ihrer Autobiografie. Toby Wong starb 2001 mit 30 Jahren.

Früh gelernt, mit Negativem umzugehen

All diese Erfahrungen aber, so berichtet Wong, würden ihr als Politikerin heute helfen. „Ich habe einfach sehr früh gelernt, mit Negativem umzugehen. Am Ende läuft es in der Politik auch nicht anders als auf dem Schulhof.“

Was früher der Unruhestifter aus der Nachbarklasse war, dürfte für sie heute China sein. Seit Jahren sind die Beziehungen zwischen Canberra und Peking geradezu eingefroren. Noch kurz vor den australischen Parlamentswahlen Mitte Mai sprach der damalige Verteidigungsminister – und jetzige Oppositionsführer – davon, man solle sich auf einen Krieg vorbereiten.

Der Konflikt: China arbeitet daran, seine Vormachtstellung auf den Pazifikraum auszuweiten. Australien hatte die Region bislang meist wie selbstverständlich als den eigenen Hinterhof betrachtet und sich lange nicht auf Augenhöhe mit den dortigen Inselstaaten beschäftigt.

Machtkampf mit China um den Pazifikraum

Doch schon jetzt, in ihren ersten Tagen im Amt, zeigt Wong, dass sich das ändern soll. Gleich zweimal besuchte sie verschiedene Pazifikstaaten.

Immerhin hatten sich diese gerade gegen ein von Peking vorgeschlagenes Abkommen ausgesprochen, mit dem sich China besseren Zugang zu Ressourcen oder Standorte für Militärbasen sichern wollte. Dafür erwarten Tonga, Fidschi oder Samoa aber nun mehr Hilfe aus Australien – auch bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels.

Wong, immerhin selbst von 2007 bis 2010 Klimawandel-Ministerin, entschuldigte sich bereits für die „verlorenen Jahre“ und spricht demonstrativ von der „pazifischen Familie“. Zu der China aus ihrer Sicht nicht gehört.

Zeitgleich mit Wong ist derzeit auch Chinas Außenminister in der Region unterwegs. Der Machtkampf ist in vollem Gange. Oder wie Wong es in einer Rede nannte: „Ein Wettlauf um Einfluss.“ Und wenn ihre bisherige Lebensgeschichte den Chinesen eines gezeigt haben sollte, dann das: So schnell gibt sich Australiens neue Außenministerin nicht geschlagen.

Lion Grote

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