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Bahn-Privatisierung: Spitzenentscheidung

Die SPD-Führung erklärt die Bahn-Debatte für beendet, zumindest die Teilprivatisierung wird kommen. Einen Sonderparteitag soll es nicht geben.

Berlin - Für einen Sonderparteitag zur Verhinderung der Bahn-Reform ist der Zug abgefahren. Davon geht jedenfalls die SPD-Führung nach den Gremienbeschlüssen zur Teilprivatisierung der Bahn aus. Vorstand und Parteirat der SPD hatten am Montag gemeinsam entschieden, den Güter- und Personenverkehr zu höchstens 24,9 Prozent an die Börse zu bringen und die Infrastruktur des Unternehmens komplett beim Bund zu belassen. „Die Begrenzung privater Beteiligung hat für die SPD grundsätzliche Bedeutung und ist deshalb in Koalitionsgesprächen nicht verhandelbar“, heißt es in dem Beschluss. Die große Koalition will am kommenden Montag in einer Spitzenrunde über die Bahnprivatisierung entscheiden.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil und der Vorsitzende des Parteirats Claus Möller zeigten sich nach der Sitzung davon überzeugt, dass die zur Einberufung eines Sonderparteitags erforderlichen acht Vorstandsbeschlüsse von SPD-Landes- oder Bezirksverbänden nicht zustande kommen werden. Heil erklärte die Debatte nach der Abstimmung von Vorstand und Parteirat für beendet, bei der eine Dreiviertelmehrheit der Teilnehmer für das Modell der SPD-Spitze votiert hatte. Möller sagte, er sei ganz sicher, dass der Beschluss zur Bahn-Reform von der Partei „ganz geschlossen getragen“ werde. Zugleich wertete der Parteiratsvorsitzende den Beschluss als „klaren Vertrauensbeweis“ für SPD-Chef Kurt Beck. Beck selbst hatte die Mitglieder des Parteirats und des SPD-Vorstands in der Sitzung dazu aufgerufen, den Beschluss nach außen geschlossen zu vertreten. Teilnehmer der Runde zitierten ihn mit den Worten: „Wenn wir eine Entscheidung treffen, dann muss die jetzt auch gelten.“

Die Entscheidung bleibt auch innerhalb der SPD umstritten

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der Becks Modell am Wochenende scharf kritisiert hatte, nahm an der gemeinsamen Sitzung von Parteivorstand und Parteirat teil, wiederholte seine Kritik dort aber nicht. Stattdessen stellten sich der Berliner Landesvorsitzende Michael Müller und die Juso- Chefin Franziska Drohsel erneut gegen die Parteispitze. Kritik kam nach Teilnehmerangaben auch von der bayerischen SPD, deren Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat Franz Maget der Parteiführung die Unterstützung verweigerte. Ex-Juso-Chef und Vorstandsmitglied Björn Böhning nahm nicht an der Abstimmung teil. Vorschläge von Vertretern des linken Flügels, die 24,9 Prozent am Güter- und Personenverkehr lediglich über Volksaktien zu privatisieren, waren vor der Schlussabstimmung ebenso abgelehnt worden wie die Forderung, die Obergrenze von 24,9 Prozent im Grundgesetz festzuschreiben.

Heftige Kritik an der Festlegung der SPD äußerte Linksfraktionschef Gregor Gysi. Die SPD-Spitze verkaufe die Bahn gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit und der eigenen Parteibasis, sagte Gysi dem Tagesspiegel. Künftig würden die Renditeinteressen von Finanzinvestoren über Fahrpläne und Bahnpersonal bestimmen, sagte Gysi. „Das ist ein Fiasko sozialdemokratischer Politik.“ Die Hoffnung, dass es bei den 24,9 Prozent privater Beteiligung bleibe, ist nach Auffassung Gysis Augenwischerei. „Wenn die Tür einmal aufgemacht ist für die Privatisierung, werden Heuschrecken und ihre politischen Vorreiter den Weg zu noch mehr privater Kapitalbeteiligung finden.“

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