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Prescht wieder vor: Bundesfinanzminister Christian Lindner.

© Foto: Imago/photothek

Update

Bekämpfung der Geldwäsche: Christian Lindner und die Spur des Geldes

Wie der Bundesfinanzminister mit einer neuen Superbehörde den Kampf gegen Geldwäsche in eine neue Dimension bringen will - und was man in Bayern dazu meint.

In Bremen hat die Landesregierung unlängst die Wettbüros dichtgemacht. Deren Zahl war stetig gewachsen. Die Wiedereröffnung gibt es nur, wenn die Herkunft der eingesetzten Mittel einwandfrei nachgewiesen wird. Man will in der Hansestadt erreichen, dass saubere Betreiber im Geschäft bleiben können – nicht aber jene, die solche Büros auch zum Zweck der Geldwäsche öffnen. Schon das erforderliche Eigenkapital in Höhe von 120000 Euro kann, wenn Verbindungen zur organisierten Kriminalität bestehen, aus unsauberen Quellen stammen.

Auch bei Teilen der Gastronomie besteht Geldwäscheverdacht. Größere Summen werden im Autohandel abgewickelt, noch größere im Immobiliensektor. Mit den Kryptowerten und der Blockchain sind ganz neue Möglichkeiten zum Verschleiern von Finanztransaktionen entstanden.

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Es ist ein weites Feld zwischen lokaler Kleinkriminalität und internationalem Großverbrechertum. Zu dem Komplex gehören auch Terrorismusfinanzierung, Steuerhinterziehung und das weltweite Wirken von Oligarchen.

Seit Jahren gilt Deutschland als ein Land, in dem Geldwäsche zu wenig verfolgt und aufgeklärt wird. Das Volumen der Transaktionen hierzulande wird auf 50 bis 100 Milliarden Euro im Jahr geschätzt.

Ein kritischer Bericht

Am Donnerstag soll der neue Bericht der internationalen Behörde namens Financial Action Task Force (FATF) vorgelegt werden. Wie es heißt, fällt auch der wieder kritisch aus. Finanzminister Christian Lindner (FDP) geht daher in die Vorwärtsverteidigung und hat jetzt angekündigt, wie er nun zu handeln gedenkt. Der wichtigste Punkt: Er will eine neue Bundesbehörde schaffen, mit einem neuen Bundesfinanzkriminalamt als Kern, und so die Strafverfolgung stärker zentralisieren und damit verbessern.

Damit wird er deutlicher als der Koalitionsvertrag. Dort ist festgehalten, dass nach dem Deutschlandbericht der FATF auch die Zuständigkeiten bei der Bekämpfung der Geldwäsche überprüft werden sollen. Lindner will damit Aufsicht und Strafverfolgung straffen – und sagt damit auch den Ländern den Kampf an, denn das Verfolgen von organisierter Kriminalität ist Sache der Polizei. Und an deren Arbeit haben die Länder den größten Anteil.

Verschobene Einheit

Wenn es um Geldwäsche geht, haben allerdings auch schon Lindners Vorgänger begonnen, die Kompetenzen des Bundesfinanzministeriums auszubauen. Unter Wolfgang Schäuble wurde eine Einheit des Bundeskrimimalamts (BKA) verschoben, die unter dem Namen Financial Intelligence Unit (FIU) eine zentrale Überwachungsfunktion bei verdächtigen Transaktionen übernimmt, die nach dem Geldwäschegesetz von Banken, Finanzinstituten, aber auch aus dem Immobilienbereich und selbst von Notaren gemeldet werden müssen. Der Beitrag von Olaf Scholz als Finanzminister war es, die FIU auszubauen.

Aber die Einheit ermittelt nicht, sie sichtet, sortiert und bewertet die Flut an Hinweisen und Verdachtsmeldungen und leitet ihre Erkenntnisse weiter an die Ermittler. Zu denen soll nun bald die neue Bundespolizei gehören, wenn Lindner sein Vorhaben durchsetzt. Dritte Säule der Superbehörde soll neben der Finanzpolizei und der FIU eine neue Koordinationsstelle für die Aufsicht über den Nichtfinanzsektor sein, hier vor allem der Immobilienbereich und die Glücksspielbranche.

„Ein Paradigmenwechsel“

Seinen Ansatz hat Lindner im „Spiegel“ so formuliert: „Bislang sind wir nur gut darin, die kleinen Fische zu fangen, die großen entwischen uns zu häufig. Da muss Deutschland besser werden.“ Der FDP-Chef will es nicht nur bei einem Reförmchen belassen. Er will einen „Paradigmenwechsel“. Der läuft darauf hinaus, die Geldwäschebekämpfung in ganz anderen Dimensionen anzugehen als bisher. „Wir müssen der Spur des Geldes konsequent folgen, anstatt uns mit der Aufdeckung einer Straftat, die mit Geldwäsche in Zusammenhang steht, zufriedenzugeben.“ Die neue Behörde soll auch das Umsetzen von Sanktionen wie derzeit gegen russische Oligarchen unterstützen.

Bayern hat Bedenken

Der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) begrüßt es zwar, dass Lindner dem Thema jetzt mehr Aufmerksamkeit schenkt. „Geldwäsche und Finanzkriminalität muss auf allen Ebenen konsequent bekämpft werden“, sagte er dem Tagesspiegel. Der Bund verfüge mit der FIU und dem Bundeszentralamt für Steuern aber schon über große Behörden, die sich dem Thema widmeten oder widmen könnten.

[Lesen sie dazu auch bei T+: FIU - umstrittene Geldwäsche-Behörde des Bundes]

„Ich bezweifle daher, dass die Schaffung eines Bundesfinanzkriminalamtes der Stein der Weisen ist“, sagte Füracker. Die Lösung liege nicht in einer zusätzlichen Mammutbehörde, wenn es um mehr Effizienz und Schlagkraft gehe. Sie müsste erst mühsam aufgebaut werden und würde nur „zu noch mehr Bürokratie und Zuständigkeitswirrwarr führen, als jetzt schon da ist“.

Grundsätzlich für eine Finanzpolizei des Bundes ist die Unions-Fraktion im Bundestag. Doch seien die Pläne viel zu unkonkret, moniert die CDU-Finanzpolitikerin Antje Tillmann. "Insbesondere bleibt unklar, wie sich der Fahndungsdienst innerhalb der neuen Behörde zu Zoll, Bundespolizei und Bundeskriminalamt verhalten wird. Hier steht die große Gefahr einer Schaffung von neuen Doppelstrukturen mit noch mehr Zuständigkeitschaos im Raum."

Berlin will kooperieren

Freundlicher fällt die Reaktion in Berlin aus. Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) sagte dem Tagesspiegel: „Die Erfahrung der Länder hat gezeigt, dass es konzertierter Aktionen und eines abgestimmten Vorgehens bedarf, um Finanzkriminalität einzudämmen." Er begrüßte die Ankündigung Lindners zur Einführung eines Bundesfinanzkriminalamtes ausdrücklich. "Es ist höchste Zeit, dass das Thema auf Bundesebene ernst genommen und angegangen wird. An der notwendigen Konkretisierung wirken wir gerne mit."

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