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Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht beim EU-Gipfel, die Wogen wieder zu glätten.

© dapd

Berlin macht sich unbeliebt: Vorschlag zu "Sparkommissar" für Griechenland bringt Ärger

Mit der Idee, einen EU-Kontrolleur für Griechenland einzusetzen, hat sich Deutschland in Brüssel unbeliebt gemacht. Beim Gipfel müht sich die Kanzlerin um Schadensbegrenzung.

Deutschland hat sich mit dem Vorschlag eines EU-Sparkommissars für Griechenland beim EU-Gipfel heftige Kritik eingehandelt. Von Beleidigungen und verletzter Würde war beim Treffen der Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel die Rede. Deutschland als größtes EU-Land müsse in seinen Äußerungen vorsichtiger sein, mahnte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.

Aus Berlin war am Wochenende der Vorschlag gekommen, dem völlig überschuldeten Griechenland die Hoheit über seine Haushaltspolitik zu entziehen und einem EU-Kontrolleur zu übertragen. Bei vielen Euro-Partnern kam das nicht gut an. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker bezeichnete den Vorschlag als „inakzeptabel“. So etwas sei nur möglich, wenn es eine solche Regelung für alle Staaten gebe.

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann sagte: „Beleidigen muss man niemanden in der Politik.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versuchte, die Wogen zu glätten: „Ich glaube, dass wir eine Diskussion führen, die wir nicht führen sollten.“ Aus der Ferne distanzierte sich auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP): „Ich bin sehr unglücklich über den Ton in dieser Debatte“, sagte auf einer Nahost-Reise in Kairo. Wir sollten „eine Ermutigungsdebatte führen, keine Entmutigungsdebatte“.

Gipfelchef Herman Van Rompuy hatte Griechenland nicht auf die Themenliste genommen, weil der Prüfbericht von Experten der EU und des Internationalen Währungsfonds noch nicht vorliegt. Athen wird seit fast zwei Jahren nur mit Milliarden Hilfsgeldern vor dem Bankrott bewahrt. Das pleitebedrohte Land ringt derzeit mit seinen Gläubigern um einen teilweisen Schuldenerlass.
Wegen der zugespitzten Schuldenlage in Griechenland schlossen Diplomaten einen zusätzlichen Sondergipfel Anfang Februar nicht aus. Entscheidungen seien aber noch nicht gefallen, hieß es.

Polen fordert mehr Mitspracherecht

Sorge macht auch das hochverschuldete Portugal, das wieder ins Visier der Anleger geraten ist. Die Renditen für Staatstitel kletterten auf die höchsten Stände seit Einführung des Euro. Der Fast-Pleitestaat erhält bereits 78 Milliarden Euro Nothilfen aus dem derzeitigen Rettungsfonds EFSF. Volkswirte halten auch für Portugal einen Schuldenschnitt über kurz oder lang für unausweichlich. Beim Gipfel sorgte auch Polen für Ärger, das gemeinsam mit anderen Nicht-Euro-Ländern bei Entscheidungen zur Euro-Krise mehr mitreden will. Diese Staaten verlangen die Teilnahme an Euro-Gipfeln. Sonst werde sein Land nicht den Sparpakt für mehr Haushaltsdisziplin unterzeichnen, drohte Polens Ministerpräsident Donald Tusk erneut.

Eine mögliche Kompromisslinie gab EU-Gipfelchef Van Rompuy vor. Demnach könnten die Nicht-Euro-Staaten, die den Euro-Sparpakt unterschreiben, bei den Spitzentreffen dabei sein, berichteten Diplomaten. Voraussetzung: Es muss bei der Begegnung um die Zukunft der Gemeinschaftswährung oder die Anwendung des Sparpakts (Fiskalpakts) gehen. Diese Treffen sollen mindestens zweimal im Jahr stattfinden. Vor allem Frankreich widersetzte sich dem Ansinnen, den Kreis der Euro-Partner zu öffnen.

(dpa)

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