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Optimistisch: Jan Stöß geht davon aus, dann es eine Mehrheit für den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD geben wird.

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Berlins SPD-Chef zum Koalitionsvertrag: „Jeder soll sich selbst ein Bild machen“

Der Landesvorsitzende der Berliner SPD, Jan Stöß, weiß schon, wie er abstimmen will. Im Interview spricht er über die Stimmung unter den Berliner Sozialdemokraten, seine Empfehlungen zum Koalitionsvertrag und die Zukunftsaussichten von Schwarz-Rot.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Herr Stöß, die Berliner SPD wollte die große Koalition im Bund nicht. Wie ist die Stimmung im Berliner Landesverband – nach der Einigung über ein Regierungsprogramm von Union und SPD?

Natürlich ist die Stimmung an der Basis immer noch skeptisch. Es gibt nun mal grundsätzliche Bedenken vieler Mitglieder, im Bund noch einmal mit der Union zusammen zu regieren. Trotzdem bin ich selbst überrascht, wie viele Inhalte, die der Berliner SPD besonders wichtig sind, in den Verhandlungen durchgesetzt werden konnten. Das gilt für den Mindestlohn in Ost und West, für das Ende der Rente mit 67, aber auch für die Mietenbremse und den Wegfall des Optionszwangs bei der Staatsbürgerschaft. Das sind Kernforderungen der SPD, die einen tatsächlichen Wechsel in der Regierungspolitik auf Bundesebene bedeuten.

Was fehlt Ihnen im schwarz-roten Koalitionsvertrag?

Eine gerechtere Steuerpolitik. Da wird es im Vollzug des Koalitionsvertrags sicher noch Diskussionen geben, da einige teure Vorhaben, etwa im Rentenbereich, nicht über Steuern finanziert werden sollen, sondern stattdessen die Sozialkassen belastet werden. Und wenn es nach der SPD gegangen wäre, hätte das Betreuungsgeld abgeschafft werden müssen. Allerdings gibt es bisher bundesweit wohl nur 30 000 Fälle. Die Befürchtungen, dass das Betreuungsgeld flächendeckend Schaden anrichten könnte, haben sich bisher glücklicherweise nicht bewahrheitet.

Sie empfehlen also Ihren Genossen in Berlin, beim Mitgliedervotum mit Ja zu stimmen?

Ich werde mit Ja stimmen und auch für das Ja werben. Allerdings wollen wir den Mitgliedern nicht vorschreiben, wie sie abzustimmen haben. Jeder soll sich selbst ein Bild machen.

Rechnen Sie mit einer klaren Mehrheit, auch im traditionell linken Berliner SPD-Landesverband?

Ich rechne damit, dass es eine Mehrheit für den Koalitionsvertrag geben wird. Sowohl in Berlin wie auch im Bund. Die Stimmen werden aber nicht regional, sondern einheitlich bundesweit ausgezählt. Alle Briefe landen in der Station in Kreuzberg auf einem großen Haufen.

Jetzt gibt es Rätselraten über die sozialdemokratischen Regierungsmitglieder. Gerüchte ersetzen Informationen. Macht diese Geheimnistuerei Sinn?

Über dieses Vorgehen kann man sicher unterschiedlicher Meinung sein. Es hat aber den Vorteil, dass erst einmal die Inhalte des Koalitionsvertrags im Mittelpunkt stehen. Das ist gut, darauf kommt es an, denn Personen sind immer auch auswechselbar.

Wie lange hält diese große Koalition? Wenn es schlecht läuft, könnte sich nicht nur an der Berliner Parteibasis Druck aufbauen, während der Legislaturperiode zu Rot-Rot-Grün zu wechseln.

Ich nehme nicht an, dass es während der Legislaturperiode zu solchen Veränderungen kommt. Was aber in Gang gesetzt werden muss, ist eine weitere Annäherung und Öffnung zwischen SPD und Linkspartei. Das haben gerade die Berliner Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehr massiv eingefordert, der Bundesparteitag hat es beschlossen, jetzt muss eine solche Option auch kulturell vorbereitet werden. Die SPD als Hauptfeind der Linken, das geht nicht mehr.

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