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Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD)

© dpa/Kay Nietfeld

Bundesaußenminister: Maas in heikler Mission in der Türkei

Bundesaußenminister Heiko Maas besucht zum ersten Mal die Türkei. Es wird ein Drahtseilakt, der wohl nicht viel mehr als ein Zeichen sein kann. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanne Güsten

Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass: Unter diesem Motto bittet die Türkei derzeit um die Hilfe Europas bei der Bewältigung des Zerwürfnisses mit den USA. Die EU fordert eine Rückkehr zur türkischen Reformpolitik, aber genau das will die Regierung in Ankara nicht, wie der massive Polizeieinsatz zur Verhinderung einer friedlichen Demonstranten in Istanbul am Wochenende zeigte. Die Polizei hat erneut eine Demonstration der „Samstagsmütter“ aufgelöst, die seit Jahrzehnten jede Woche auf dem Galatasaray-Platz Aufklärung über das Verschwinden und die Verschleppung von Menschen aus den Kurdengebieten im Südosten der Türkei in den 80er und 90er Jahren fordern. Der türkische Innenminister hatte erklärt, die Frauen ließen sich von einer „Terrororganisation“ ausnutzen – gemeint war die PKK.

Erdogan spricht über eine Wiederannährung, lehnt Reformen aber ab

Bundesaußenminister Heiko Maas wird bei seinem ersten Besuch in der Türkei an diesem Mittwoch auf eine Führung treffen, die zwar über Reformen und eine Wiederannäherung an Europa spricht, einen politischen Kurswechsel aber ablehnt.

Sollte Heiko Maas lediglich die Freilassung aller Bundesbürger aus türkischen Gefängnissen als Vorbedingung für politische und wirtschaftliche Hilfe fordern, dann würde das der türkischen Regierung keine größeren Sorgen bereiten. Seit der Freilassung von Deniz Yücel ist allen Beteiligten klar, dass Ankara in diesen Fällen auf diskreten Druck reagiert. Auch die kürzliche Ausreisegenehmigung für die in einem politischen Prozess angeklagte deutsche Übersetzerin Mesale Tolu ist ein Zeichen dafür.

Schwieriger wird es beim Thema der politischen Reformen. Zwar weisen viele Experten darauf hin, dass beispielsweise ein funktionierender Rechtsstaat eine Voraussetzung ist, um verlorenes Vertrauen von Investoren wiederzugewinnen. Doch es ist nicht erkennbar, dass die türkische Regierung irgendetwas zulassen will, was ihre eigene Macht einschränken könnte – was bei unabhängigen Gerichten sicher der Fall wäre.

Regierungsgegner setzen nur wenig Hoffnung in Maas-Besuch

Türkische Regierungsgegner setzen deshalb nur wenig Hoffnung in den Besuch des deutschen Ministers. Es ist nicht einmal sicher, ob ein Treffen von Maas mit Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft für seine Gesprächspartner gut wäre – im derzeitigen innenpolitischen Klima der Türkei könnten sie glatt als Agenten des Auslands abgestempelt werden. Präsident Erdogan und seine Minister sehen sich und ihr Land von Feinden umringt.

Auch der Besuch von Heiko Maas wird daran nichts ändern. Die Visite kann wahrscheinlich nicht viel mehr als ein Zeichen dafür setzen, dass Europa – schon aus Eigeninteresse – die Türkei in schwierigen Zeiten nicht alleine lässt. Wenn der Minister darüber hinaus bei der Regierung in Ankara das Bewusstsein dafür schärfen kann, dass Deutschland und Europa nicht aufgrund bloßer Lippenbekenntnisse zu demokratischen Reformen die Geldbörse öffnen werden, wäre das ein großer Erfolg.

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