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Flugbereitschaft

© dpa

Bundesregierung: Fliegen ist billiger als telefonieren

45 Tonnen CO2 und 50.000 Euro: Der Flug von Umweltminister Gabriel aus dem Mallorca-Urlaub nach Berlin und zurück klingt nach viel Aufwand für wenig Ertrag. Unwirtschaftlich findet die Bundesregierung das aber nicht - im Gegenteil.

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) nimmt im August 2007 die Flugbereitschaft der Bundeswehr in Anspruch. Aus seinem Urlaubsziel Mallorca holt ihn die Bundeswehr ab und fliegt ihn nach Berlin zu einer Sitzung des Kabinetts. Am Abend des selben Tages bringt ihn die Maschine wieder zurück. Im Anschluss kehrt das Flugzeug nach Berlin zurück.

Die Bilanz: vier Flüge, 6400 Flugkilometer, 45 Tonnen CO2-Ausstoß - und ein beschlussfähiges Bundeskabinett. Denn dafür braucht es mindestens acht Minister. Für die Menge an klimaschädlichem CO2 könnte ein modernes Auto rund 27 Jahre fahren, in jedem Jahr 15.000 Kilometer.

Ein Linienflugzeug hätte es auch getan

Angesichts dieser Rechnung stellt sich die Frage: Wäre es nicht auch eine Nummer kleiner gegangen? Der Minister hätte zum Beispiel nicht alleine in einem Jet der Luftwaffe unterwegs sein müssen. Ein Linienflugzeug hätte es ja auch getan. Mit ihm hätte Gabriel lediglich 860 kg CO2 produziert, errechnet das Internetportal Atmosfair. Flugreisende können dort für die von ihnen verursachten Klimagase zahlen. Das Geld fließt dann in Klimaschutz- und Energiesparprogramme. Die Umweltstandards von Atmosfair stammen aus einem Forschungsprojekt - ausgerechnet - des Bundesumweltministeriums.

Das Umweltministerium beteuert, dass selbstverständlich alle Flüge des Ministers klimaneutral seien. Das heißt, der Staat kauft sich frei von der Umweltverschmutzung, die er durch die Flugreisen seiner Regierung verursacht.

Den Flug mit der Luftwaffe begründet Gabriel damit, dass er einem Wunsch des Kanzleramts nachgekommen sei, weil das Kabinett an diesem 8. August 2007 sonst nicht beschlussfähig gewesen wäre. Das erklärt jedoch nicht wirklich, warum er dafür die Flugbereitschaft nutzt. Denn wie das Protokoll der Regierungspressekonferenz ebenfalls von diesem Tag belegt, wurde Gabriel keineswegs kurzfristig angefragt.

Videokonferenz statt Flug nicht vorgesehen

Die Zusagen zur Kabinettssitzung habe es schon gegeben, als die Urlaubszeiten der Minister noch geplant wurden, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Zwar sei noch einmal telefoniert worden, um sicherzustellen, dass niemand ausfällt. Eine vorhandene "Reserveliste" mit Ministern, die ersatzweise hätten einspringen können, wurde aber nicht angetastet.

Statt zur Kabinettssitzung einzufliegen, hätte es im 21. Jahrhundert aber vielleicht auch andere Möglichkeiten der Teilnahme für Gabriel gegeben. In großen Unternehmen etwa gibt es seit langem Videokonferenzen, mit deren Hilfe weit entfernte Kollegen aus Asien oder den USA zugeschaltet werden.

Bundesregierung: Situation war eine Ausnahme

Zwar wird diese Technik nicht so exzessiv eingesetzt wie früher gedacht. Zum einen gibt es immer noch technische Probleme, zum anderen ersetzt eine solche Konferenz über Kameras und Monitore nicht die persönliche Begegnung. Mindestens für Notfälle wird sie jedoch genutzt.

Für die Bundesregierung ist eine Videoschalte keine Option. Die nötige Technik gibt es im Kabinettssaal des Kanzeleramts gar nicht, wie ein Regierungsprecher im Gespräch mit zoomer.de sagt. Das liege aber nicht unbedingt daran, dass es dort antiquiert zugeht. Der Saal müsse schließlich abhörsicher und "geheimschutztechnisch" auf dem neuesten Stand sein.

Videokonferenzen sind in dem Sicherheitskonzept offenbar also nicht vorgesehen. Es sei ohnehin die Frage, ob eine Investition dieser Art lohne, zeigt sich der Sprecher skeptisch. Eine Situation wie im am 8. August - in der ein Minister aus dem Urlaub geholt werden muss - sei eine absolute Ausnahme. So bleibt dem Umweltminister wohl auch in Zukunft nichts anderes übrig als zu fliegen - und für den angerichteten Schaden zu zahlen, klimaneutral eben.

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