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Ein Luftabwehrsystem vom Typ Iris-T SLM – hier im Juni bei der ILA in Berlin

© IMAGO/Xinhua

Ukraine wartet auf elf Luftabwehrsysteme: Bundesregierung verzögert offenbar zugesagte Waffenlieferungen

Mit Luftabwehrsystemen könnte die Ukraine Städte schützen. Einem Bericht zufolge fehlt die Zustimmung von Scholz. Bewegung gibt es offenbar beim Panzer Gepard.

Von der Bundesregierung zugesagte Waffenlieferungen verzögern sich nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" offenbar deutlich. Die ukrainische Regierung habe Anfang Juli den Kauf von elf Luftabwehrsystemen vom Typ Iris-T SLM beim Rüstungskonzern Diehl Defense beantragt, berichtet das Blatt unter Berufung auf Kiewer Regierungskreise. Bereits eine einzige dieser hochmodernen Abwehrwaffen kann eine Großstadt gegen Angriffe aus der Luft schützen.

Das Wirtschaftsministerium in Berlin habe demnach positiv reagiert. Aber die Bundesregierung zögere die Einwilligung in notwendige finanzielle Hilfen nach ukrainischer Darstellung hinaus. Wie bei allen Waffenexporten liegt die Entscheidung über die Genehmigung aber beim Bundessicherheitsrat, in dem das Kanzleramt federführend ist. Das letzte Wort hat also immer Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

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Eines der Systeme koste rund 140 Millionen Euro – für elf Stück wären also gut 1,5 Milliarden Euro fällig. Anfang Juni hatte Scholz der Ukraine wegen des russischen Angriffskrieges die Lieferung eines solchen Exemplars für die "kommenden Wochen" zugesagt. Inzwischen werde die Lieferung nach Angaben aus Kiew erst bis Ende des Jahres in Aussicht gestellt, berichtet das Blatt.

Scholz hatte damals in einer Regierungserklärung gesagt, mit dem Iris-System versetze Deutschland "die Ukraine in die Lage, eine ganze Großstadt vor russischen Luftangriffen zu schützen". Kiew fordert schon lange die Lieferung von Flugabwehrsystemen aus dem Westen, nachdem die Rufe nach einer Flugverbotszone zu Beginn des Krieges ungehört blieben.

Das Iris-System kann Kampfjets, Hubschrauber und Drohnen im Radius von 40 Kilometern und einer Höhe von 25 Kilometern abwehren. Aber auch Kurzstreckenraketen und Lenkflugkörper, mit denen Russland derzeit ukrainische Städte bombardiert, können abgefangen werden. Es besteht aus einem Ortungsradar, einem Kontrollzentrum, einer Abschussrampe und den dazugehörigen 24 infrarotgesteuerten Raketen.

Bei einem anderen Rüstungsprojekt gibt es dagegen offenbar Bewegung. Nach wochenlangen Bemühungen habe das Kanzleramt zusammen mit dem Wehrressort in Norwegen einen Hersteller gefunden, der weitere Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard produzieren könne, berichtete der "Spiegel" am Wochenende. Die Munitionsversorgung für den Gepard galt bisher als Problem, da nur knapp 60.000 Schuss der speziellen 35-Millimeter-Geschosse für das System vorhanden waren.

Ein Flugabwehrpanzer Gepard der Bundeswehr während einer Vorführung.
Ein Flugabwehrpanzer Gepard der Bundeswehr während einer Vorführung.

© IMAGO/Sven Eckelkamp

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte sich auf Anfrage nicht konkret zu dem Bericht äußern. Er bekräftigte lediglich, dass sich die Bundesregierung "kontinuierlich um eine nachhaltige Unterstützung der Ukraine" bemühe.

Die Bundesregierung hatte Ende April grünes Licht für die Lieferung der von der Bundeswehr nicht mehr benutzten Gepard-Panzer gegeben. Sie stammen aus Beständen des Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Angesichts einer möglichen Feuerfolge von 1000 Schuss pro Minute waren die zunächst verfügbaren 60.000 Schuss von Experten als zu gering kritisiert worden.

Nun könnte die Produktion von neuer Munition schnell beginnen, berichtete der "Spiegel". Die Munition des norwegischen Herstellers solle bereits kommende Woche auf dem Bundeswehr-Schießplatz in Putlos getestet werden, hieß es unter Berufung auf Regierungskreise.

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Deutschland wolle noch im Juli mit der Lieferung von insgesamt 30 Gepard-Flugabwehrpanzern aus Industriebeständen beginnen, berichtete der "Spiegel" weiter. Sie sollen in der Ukraine zum Schutz von Städten und anderer sogenannter kritischer Infrastruktur eingesetzt werden. Der ursprüngliche Zeitplan des Ministeriums sah die Lieferung der ersten 15 Gepard-Panzer bis Mitte Juli vor. Der Rest sollte bis Ende August geliefert werden.

"Während einige nur rummosern und die Lieferung des Gepard wegen Herausforderungen bei der Munition schlechtgeredet haben, hat die Bundesregierung das Problem tatkräftig gelöst", sagte die Grünen-Sicherheitspolitikerin Agnieszka Brugger dem "Spiegel". In diesem Sinne müsse es angesichts der sehr hohen Verluste der Ukraine weitergehen. Brugger zeigte sich sicher, dass hinter den Kulissen weiter an Lieferungen gearbeitet werde. (Reuters, AFP, Tsp)

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