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Edward Snowden hatte 2013 die Ausspäh-Aktivitäten des US-Abhördienstes NSA öffentlich gemacht.

© dpa/ Armando Franca

Schutz von Whistleblowern: Experten kritisieren das neue Gesetz der Ampel

Künftig sollen in Deutschland Hinweisgeber besser geschützt werden. Doch das neue Gesetz hat Lücken, monieren Experten.

Wer in seinem Unternehmen oder in einer Behörde auf Missstände hinweist, riskiert unter Umständen Einiges. Der Bundestag hat am Freitag mit den Stimmen der Ampel nun ein Gesetz verabschiedet, das Hinweisgeber – auch Whistleblower genannt – besser vor Repressalien schützen soll. Doch die neue Regelung hat Experten zufolge Lücken.

Das Gesetz soll Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen regeln. Auch Hinweise auf mangelnde Verfassungstreue von Beschäftigten im öffentlichen Dienst könnten dadurch künftig leichter die richtige Adresse erreichen. Behörden und Unternehmen müssen dafür, falls sie das noch nicht getan haben, neue Anlaufstellen schaffen. Dort muss es auch möglich sein, einen Hinweis anonym zu übermitteln.

„Dass wir erstmals überhaupt ein Hinweisgeberschutzgesetz haben, ist eine gute Entwicklung. Die Signalwirkung kann gar nicht unterschätzt werden“, sagt der Jurist David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Der Verein setzt sich durch strategische Klageführung für den Ausbau von Grund- und Menschenrechten ein. Werdermann sieht aber deutlichen Nachbesserungsbedarf am Gesetz.

Ein deutscher Edward Snowden wäre nach dem Gesetz nicht geschützt.

Clara Bünger, Die Linke

Die Ampel schütze mit dem Gesetz beispielsweise nicht Hinweisgeber, die sonstiges Fehlverhalten wie Machtmissbrauch melden. Die Koalition breche damit ihren eigenen Koalitionsvertrag, sagt Werdermann.

Es sei auch inakzeptabel, dass zum Beispiel Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nach dem Hinweisgeberschutzgesetz nicht gemeldet werden können. „In der Praxis gibt es gerade im Bereich Diskriminierung und Belästigung viele unternehmensinterne Meldungen“, sagte der Jurist dem Tagesspiegel.  

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht keinen großen Wurf. Es fehle ein umfassender Schutz für Menschen, die Arbeitsrechtsverstöße aufdeckten, erklärte Vorstandsmitglied Anja Piel. „Für uns ist klar: Wer den Mut hat, Missstände wie beispielsweise mangelnden Arbeitsschutz oder den Verkauf von altem Fleisch zu melden, verdient Dank und Anerkennung, statt Angst vor Repressalien und Nachteilen. Das hätte klarer geregelt werden müssen.“

Die Linken-Politikerin Clara Bünger erinnerte bei der Debatte im Bundestag an den US-Whistleblower Edward Snowden, der im Jahre 2013 Ausspäh-Aktivitäten des US-Abhördienstes NSA öffentlich gemacht hatte.

„Ein deutscher Edward Snowden wäre nach dem geplanten Gesetz nicht geschützt, denn Geheimdienste sind komplett ausgenommen, und Behörden können Hinweise einfach unter den Teppich kehren, indem sie sie als Verschlusssache einstufen“, so Bünger.

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