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© dpa

FDP: Chef, aber klar

Guido Westerwelle hat sich auf dem Parteitag der mit dem Zustand der FDP auseinandergesetzt. Der Parteichef sorgt sich, dass die Liberalen nicht verstanden werden könnten.

Von Antje Sirleschtov

Parteitage der FDP, das weiß man inzwischen, nutzt Guido Westerwelle gern für plakative Botschaften an die ganze Nation. Mal warnt er vor dem nahen Sozialismus kubanischer Prägung, mal prangert er die Krake Sozialstaat an. In seiner eigenen Partei kennt man diese wortgewaltigen Botschaften des Vorsitzenden schon. Er gibt das Thema vor, er bestimmt die Tonlage, er ist die FDP. Die anderen folgen ihm nur – mal mehr, mal weniger engagiert. Und wie das so ist, wenn der Chef das Team dominiert: Man mosert maximal im Hintergrund, wenn es irgendwo schiefgeht.

Am Samstag in München hatte Westerwelle keine neuen Botschaften an das Volk. Natürlich wetterte er auf Steuererhöhungen und den Beschnitt von Bürgerrechten durch die große Koalition. Und auch der politische Rundumschlag auf Linke, Sozialdemokraten, die CDU und nicht zuletzt auch auf die CSU fehlte keinesfalls.

Von den Liberalen im Saal jedoch wurde die „Grundsatzrede“, wie sie Westerwelle nannte, eher als eine verstanden, in der sich der Parteichef grundsätzlich mit seiner eigenen Partei auseinandersetzt. Mancher sah später sogar schon so etwas wie eine Wende im Verhältnis von Westerwelle und seiner Partei eingeläutet. Was noch nichts darüber aussagt, ob nun alles richtig laufen wird mit der liberalen Partei – so kurz vor dem nahenden Bundestagswahlkampf. Allerdings scheint so etwas wie ein Anfang gemacht. Westerwelles Botschaft lautete: „Frag nicht, was die Obrigkeit für dich tun kann, sondern zuerst, was kann ich tun“. Eine klare Aufforderung des Parteivorsitzenden an seine Truppe zum Selberdenken und vor allem zum Selberhandeln. Und auch so etwas wie ein Versprechen an die Basis, in Zukunft besser zuzuhören.

Notwendig schien das klare Wort des Chefs, nachdem die Unzufriedenheit der Liberalen an der zentralistischen Steuerung der Partei aus Westerwelles Bundestagsbüro und die vermeintliche „Selbstverengung“ der FDP auf Steuersenkungspolitik kurz vor dem Parteitag Kapriolen schlug. Teils aus persönlichem Ehrgeiz, teils aus Nervosität angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl, aber auch aus Sorge um das Ansehen der FDP türmten sich die Streitereien bis wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn. Noch am Tag zuvor entbrannte in der Vorstandssitzung ein heftiger Streit. Zum Beispiel über Westerwelles Stellvertreter Phillip Rösler, den intellektuellen Kopf der Partei. Man brauche ein neues Grundsatzprogramm und müsse über Werte der FDP debattieren, und zwar jetzt, hatte Rösler vor dem Parteitag gefordert. Ganz klar ein Affront gegen Westerwelle und die Führungsmannschaft. Man könne ja intellektuell viel erörtern, sagte der Parteichef später in seiner Rede, ohne Rösler direkt anzusprechen. Allerdings alles zu seiner Zeit. Niemand werde eine Wertedebatte mitten im Bundestagswahlkampf verstehen. Und darum gehe es doch wohl. „Wir müssen verstanden werden, damit wir wachsen können“, sagte Westerwelle.

Den erbitterten Streit zwischen Hermann Otto Solms und Andreas Pinkwart, den beiden Finanzexperten der Partei, um das beste Steuerkonzept der FDP, zog Westerwelle sogar öffentlich durch den Kakao. Wer interessiere sich schon morgens nach dem Aufstehen für die Frage, ob er mit Stufen- oder Linearprinzip besteuert wird, witzelte der Chef. „Wichtig ist doch einzig und allein die Entlastungsfrage.“

Eine klare Ansage an die beiden Kontrahenten: Streit in der Sache ist gut, viele eigene politische Ansätze der Liberalen, ob in der Umwelt- oder Bildungspolitik sind gefragt. Aber am Ende muss man sich einigen können, damit der Wähler weiß, woran er ist. „Das ist nicht das Land von Guido Westerwelle“, schloss der Pateichef seine Rede an die FDP. „Es ist Ihr Land!“

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