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CSU: Ganz stolz auf die Kanzlerin

Die CSU-Spitze signalisiert zum Parteitag, dass sie jetzt friedlich sein will.

Von Robert Birnbaum

Die Tageslosung hat der General im Morgengrauen ausgegeben, so wie es alter Brauch ist. „Es ist die Zeit der Gemeinsamkeiten“, verkündete Alexander Dobrindt. Der CSU-Generalsekretär hat im Streit mit der CDU über die Europapolitik tagelang als Scharfmacher agiert. Aber jetzt ist Parteitag, und da kann Dobrindts Chef Horst Seehofer gerade keinen Krach gebrauchen. Außerdem hat Angela Merkel an diesem Freitag Geburtstag, sie wird 55. Wenn sie den schon bei der störrischen kleinen Schwester zubringt, gebietet es allein schon die Höflichkeit, sie freundlich zu empfangen.

Tatsächlich weiß ja auch jeder, dass der Parteitag die Kanzlerin am späten Nachmittag im Nürnberger Kongresszentrum sogar sehr freundlich empfangen wird. Das zuweilen höchst gespannte Verhältnis zwischen der CDU-Vorsitzenden und den jeweiligen CSU-Spitzen hat das CSU-Parteivolk sowieso nie eins zu eins nachvollzogen. Als Merkel das letzte Mal vor diesen Bayern geredet hat – vor der Landtagswahl und mitten im Steuerkonflikt mit Erwin Huber und Günther Beckstein –, wurde ihr Auftritt der mit Abstand am stärksten umjubelte des ganzen Parteitags. Und das nicht nur, weil die CDU-Chefin eine wirklich gute Rede hielt – wie übrigens meistens, wenn sie sauer ist. Nein, der Jubel hatte einen tieferen Grund. Und es war der Vizeparteichef Seehofer, der den damals sehr richtig analysierte: Auch CSU-Delegierte wollen stolz auf ihre Kanzlerin sein. An der Basis ist der Sinn für die Unionsfamilie nämlich viel ausgeprägter als weiter oben.

Gut möglich, dass sich Seehofer daran erinnert hat, als er seinen General ausschickte, Waffenstillstand zu signalisieren. Außerdem aber will der CSU-Chef am Samstag wiedergewählt werden. Dass er ein starkes Ergebnis bekommt, sollte angesichts der Nähe zur Bundestagswahl eigentlich auch keine Frage sein.

Trotzdem kann der Seehofer derzeit wenig Interesse daran haben, den Streit um die Europapolitik zu schüren. Erstens hat er seinen Zweck erfüllt. Zweitens hat er aber mehr als das bewirkt. Dass die CDU sich dem Versuch widersetzen würde, Bundestag und Bundesrat eine Art unbegrenztes imperatives Mandat für die Europapolitik zu geben, war einkalkuliert, ja beabsichtigt. Intern hat Seehofer Merkel längst signalisiert, sie möge den Theaterdonner als solchen verstehen – im August, nach dem Parteitag, werde man sich schon einigen. Nicht vorausgesehen hat Seehofer aber offenkundig den Widerstand, der ihm aus der eigenen Partei entgegenschlug. Erst haben die Europapolitiker gesagt: So nicht. Dann hat die Landesgruppe als Nächste gesagt: So nicht. Das Ergebnis ist ein 14-Punkte-Papier, das mit dem Ursprungskonzept nur noch bedingt vergleichbar ist. Der Katalog der Forderungen sei jetzt „ein wenig regierungstauglicher“, sagt ein Christsozialer. „Wir wollen doch nicht in die antieuropäische Ecke“, sagt ein anderer.

Dass Seehofer derart von den eigenen Leuten ausgebremst wird, ist eine Premiere. Doch schadet ihm das nicht – erstens, weil die meisten Wähler sich für die Details der Europapolitik einen Deubel interessieren, zweitens aber wegen der bayerischen Dialektik. Die Leute, sagt ein Delegierter, wollten keine „One- Man-Show“ in der CSU. Die wollten zum Beispiel auch solche wie den Karl-Theodor zu Guttenberg, der sich als Wirtschaftsminister von keinem „den Schneid abkaufen“ lasse, auch von seinem Parteichef und Förderer nicht.

Seehofer geht am Freitag auf die Ärgernisse der letzten Tage nicht ein. Er belässt es, als er den Parteitag ziemlich informell zwischen den Reklameständen der Sponsoren im Hallenfoyer eröffnet, bei allgemeinen Kraftsprüchen: „Die CSU ist öfter unbequem“, sagt er. „Aber wir lagen und liegen richtig.“ Außerdem aber kenne die CSU ab jetzt als – nun, nicht einziges, aber doch „größtes Ziel“ nur noch, dass Merkel Kanzlerin einer schwarz-gelben Koalition werde. Da erschallt aus der Schar der Umstehenden sogar ein „Bravo!“.

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