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Markus Söder setzt neuerdings auf Harmonie. Dass der CSU-Chef mit dem Kampf um die Kanzlerkandidatur und nachträglichen Sticheleien seinen Teil zur Demontage von Armin Laschet beitrug, sieht er nicht so.

© Daniel Karmann/dpa

Armin Laschet und die CSU: Das Kreuz mit dem Kandidaten

Viele Bayern hätten lieber für Söder als Kanzler gestimmt – Laschet zu vermitteln, fällt der CSU schwer. Söder setzt trotzdem auf die konservativen Stammwähler.

Es ist nicht die erste und nicht die letzte Begegnung dieser Art, die der CSU-Wahlkämpfer Wolfgang Hierl hat. Eine Frau mittleren Alters kommt auf ihn am Stand zu und sagt: „Wenn der Söder Kandidat geworden wäre, dann hätte ich euch gewählt.“

Aber Armin Laschet? Hierl schnauft ein wenig, dann antwortet er: „Wir hätten uns auch lieber den Söder gewünscht.“ Und weiter: „Aber Sie wählen ja unser Programm.“ Wer das Kreuz bei der CSU mache, stärke die Partei damit in Berlin. Hierl spricht über die Sicherung der Renten, die Stärkung der Wirtschaft und dass das Leben in Bayern gut und sicher bleiben müsse. „Ich überlege es mir“, sagt die Frau und geht weiter.

So verläuft der christsoziale Basis-Wahlkampf in Gräfelfing, einer 13000-Einwohner-Gemeinde südwestlich von München. „Wir geben die Chance noch nicht verloren“, sagt der Ortsvereinsvorsitzende Bernd Ulshöfer, ein 38-jähriger Mann, der eine Kampfsportschule leitet. „Viele Bürger sagen uns aber, dass ihnen der Spitzenkandidat nicht gefällt.“

Schwachstelle Laschet

Für die CSU in Bayern ist Laschet die Schwachstelle, über die sie immer und immer wieder reden müssen. Ulshöfer meint dann: „Wie jedem, muss man ihm auch eine Chance geben.“

Wenige Tage zuvor in Landshut. Markus Söder steht im dortigen Stadion auf dem Podium und beschwört, dass er einen „Stimmungswechsel“ spüre. Armin Laschet gebe bei den TV-Triellen die beste Figur ab, meint der CSU-Chef, Ministerpräsident und Nicht-Kanzlerkandidat der Union. Mit der rechten Hand fuchtelt er unentwegt durch die Luft und ruft den Besuchern zu: „Es ist wie beim Fußball, das Schlussspiel ist wichtig.“

Söders Sticheleien

Kurz vor der Bundestagswahl steckt die CSU genauso tief in der Krise wie die CDU. Laut dem jüngsten BR-Bayerntrend kommen die Christsozialen im Freistaat bei der Wahl auf nurmehr 28 Prozent, das wäre ein Verlust von fast elf Prozentpunkten im Vergleich zu 2017. Die fast schon flehentlich herbeigerufene Wende – sie lässt sich einfach nicht festmachen.

Dass Söder mit dem Kampf um die Kandidatur und vor allem mit vielen nachträglichen Sticheleien seinen Teil zur Demontage Laschets beigetragen hat, sieht er natürlich nicht so. Unisono fallen von ihm und anderen führenden Christsozialen jetzt Sätze wie: „Wir stehen gemeinsam Seit’ an Seit’.“

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Die Partei-Granden machen im Wahlkampf eine „Stadion-Tour“. Maximal sind jeweils 400 Besucher zugelassen. In Landshut aber ist ein Drittel der markierten Plätze leer, deutlich weniger Menschen sind gekommen. Auch das wohl ein Zeichen für die verfahrene Lage.

„Stabilität statt Linksrutsch“

Es bleiben zwei wahlkampftaktisch Ansätze: immer schärfere Kritik und Schmähung der Gegner auf der linken Seite, sowie überbordende Loblieder auf die Leistungen in Bayern. CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt bezeichnet in Landshut etwa die Pläne der Grünen als „Volksverdummung“. Generalsekretär Markus Blume warnt: „Stabilität statt Linksrutsch.“

Und Söder langt zu: Die SPD-Ahnen Kurt Schumacher, Willy Brandt und Helmut Schmidt „würden sich im Grab umdrehen“, wenn sie sehen, dass der Kandidat Olaf Scholz sich nicht eindeutig von einem Bündnis mit der Linken distanziert.

Auf Kosten immer desselben Grünen-Politikers macht Söder regelmäßig Witze, diesmal so: „Anton Hofreiter verweigert sich seit Jahren den hervorragenden Leistungen des bayerischen Friseurhandwerks.“ Es bestehe die Wahl: „Steinzeit oder Zukunft.“

Ziel des CSU-Wahlkampfes scheint nun ausschließlich, die konservative Kernwählerschaft zu mobilisieren. Polizei und Bundeswehr werden ebenso gelobt wie die Automobilindustrie. Söder sieht in Bayern „modernste Technologie und Tradition“ so vereint wie sonst nirgends. Selbst die Nahrung nimmt er für die Wahlschlacht in Anspruch: „Die halbe Welt isst und trinkt bayerisch.“ Der Applaus bleibt etwas müde.

An der CSU-Basis vor Ort kommt das Eindreschen auf die Mitbewerber nicht immer gut an. „Es reicht doch nicht, nur über die anderen herzuziehen“, sagt etwa Volker Rhein von der CSU in Ottobrunn nahe München. 58 Jahre ist er alt, davon 35 in der Partei. Dass nun die „roten Socken“ rausgeholt würden, findet er zum „fremdschämen“. Rhein meint: „Mir fehlen die eigenen Inhalte.“

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