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Erster Schritt zur Integration: In einer Vorbereitungsklasse werden Flüchtlingskinder auf die Teilnahme am regulären Schulunterricht vorbereitet.

© dpa

Debatte in der SPD: Migranten werben für Patriotismus

Die SPD diskutiert, wie sie wieder attraktiver werden kann. Jetzt melden sich Migrationsexperten zu Wort - und fordern einen speziellen Patriotismus.

Von Hans Monath

Wenige Tage vor dem Perspektivkongress der SPD am Sonntag in Mainz legen vier Sozialdemokraten aus Einwandererfamilien nun ein Thesenpapier vor, in dem sie sich unter anderem zu einem sozialdemokratischen Patriotismus bekennen und Vorschläge machen, wie die SPD die Meinungsführerschaft in der Integrationsdebatte verteidigen kann. Die laufende Perspektivdebatte der SPD hat nach Meinung der Migrationspolitiker wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung Deutschlands zu einer Einwanderungsgesellschaft bislang "unzureichend beantwortet". Konkret fordern sie "ein Partizipations- und Integrationsgesetz auf Bundesebene" sowie eine Enquete-Kommission des Bundestages zum Thema "Demokratie und Vielfalt".

Das Thesenpapier unter dem Titel "Perspektivwechsel Deutschland" nimmt die Anregung von Parteichef Sigmar Gabriel zu einem sozialdemokratischen Patriotismus auf. Gabriel hatte im Juni einen Entwurf für die Perspektivdebatte vorgelegt, in dem er die "arbeitende Mitte" als wesentliche Zielgruppe seiner Partei definierte, dem Begriff Sicherheit zentrale Bedeutung für die SPD zuschrieb und sich für mehr Patriotismus ausgesprochen. Gabriels Papier trägt den Titel "Starke Ideen für Deutschland".

Die Migrationsexperten bekennen sich grundsätzlich zum Patriotismus, stellen aber inhaltliche Bedingungen. "Ein sozialdemokratischer Patriotismus darf kein nationaler sein", schreiben sie: "Er muss sich an Werten orientieren, welche integrativ wirken." Als Werte genannt werden Freiheit, sozialer Ausgleich, berufliche Chancen, kostenfreie Bildung, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit.

Neue SPD-Wähler durch Migrationskompetenz?

Nötig ist nach Meinung der Autoren ein "ganzheitliches Migrationskonzept", das sowohl Einwanderung nach fachlicher Qualifikation für den Arbeitsmarkt wie auch einen Anteil von Einwanderung aus humanitären Gesichtspunkten berücksichtigt. "Wenn Deutschland mehr als nur ein Arbeitsplatz sein und Menschen auf Dauer eine Heimat geben will, müssen wir bei den Einbürgerungsregelungen, bei der Antidiskriminierungspolitik, bei allen Instrumenten der Teilhabe mehrere Gänge in Richtung Ankommenskultur zulegen", heißt es in dem Papier.

Zudem wollen die Migrationsexperten die Kernkompetenz der SPD, nämlich Aufstieg durch ein breites Bildungsangebot zu ermöglichen, explizit auch auf Migranten beziehen. Die Antidiskriminierungspolitik müsse zu einer Säule sozialdemokratischer Aufstiegspolitik werden. Dazu soll die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ausgebaut und das Allgemeine Gelichbehandlungsgesetz zu einem "tatsächlichen Antidiskriminierungsgesetz" umgestaltet werden, fordern sie.

Mit der Konzentration auf das Thema Einwanderung können die Sozialdemokraten nach Meinung der Autoren ihre Attraktivität steigern und bei Wahlen wieder zulegen. Sofern die SPD die richtigen Antworten auf die Fragen der Einwanderungsgesellschaft finde, werde sie "nicht nur den Zusammenhalt unserer Gesellschaft festigen, sondern auch den Grundstein für eine neue Ära einer starken Sozialdemokratie legen".

Autoren des Papiers sind der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD, Aziz Bozkurt aus Berlin, der Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci aus Baden-Württemberg, die Landtagsabgeordnete Serpil Midyatli aus Schleswig-Holstein und die Vizechefin der AG Migration, Irena Rudolph-Kokot aus Leipzig.

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