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Der CSU-Parteitag und die PKW-Maut: Seehofers Herzensthema

Die Christsozialen treffen sich dieses Wochenende zum Parteitag. Der hat eigentlich nur ein wichtiges Thema: Die Pkw-Maut. Angela Merkel kann sich eine Maut unter bestimmten Bedingungen durchaus vorstellen.

Von Robert Birnbaum

Der Leitantrag des CSU-Vorstands umfasst schlanke drei Seiten, und es gibt ihn überhaupt nur, weil ein Parteitag ohne Leitantrag nicht komplett ist. Aber für einen Satz reicht der knappe Raum allemal: „Wir wollen die PKW-Maut für Ausländer.“ Die will die CSU, wie Bayerns SPD-Chef Florian Pronold dieser Tage gerne missmutig anmerkt, aktenkundig schon seit 1984. Aber so lautstark wie CSU-Chef Horst Seehofer in diesem Bundestagswahlkampf hat noch niemand das Thema hochgehalten. Fast könnte man meinen, die Maut sei in den Koalitionsverhandlungen Seehofers einzige konkrete Forderung. Dieser Eindruck ist nicht ganz richtig. Aber er ist durchaus beabsichtigt.

Die Maut als Leuchtfeuer

An sich ist die Maut ein Thema zweiter bis dritter Ordnung gemessen an Fragen wie der Energiewende oder dem künftigen Finanz- und Steuerkurs der Republik. Aber in den großen Fragen kann eine – bundesweit betrachtet – Nicht-ganz-acht-Prozent-Partei mit den Größeren eben nur mitschwimmen. Absetzen kann sie sich zum einen im Tonfall. An diesem Samstag soll infolgedessen Peter Gauweiler zum Parteivize gewählt werden an Stelle der glücklosen Ex-Justizministerin Beate Merk. Vor zwei Jahren war Gauweiler noch knapp durchgefallen. Aber diesmal steht nicht nur eine Europawahl vor der Tür, sondern auch die „Alternative für Deutschland“. Gauweiler soll jene CSU-Wähler bei der Partei halten, die rüber zu den Euro-Abschaffern schielen.

Die zweite Möglichkeit, weithin sichtbar Eigenständigkeit zu behaupten, besteht im Anzünden von Leuchtfeuern. Vor vier Jahren war es der Hotelsteuerrabatt – der dann als Inbegriff der Lobby-Hörigkeit an der FDP hängenblieb. Diesmal ist es die Maut.

Im Süden ist sie populär, auch über Bayern hinaus, weil sich da fast jeder schon einmal geärgert hat über die Zwangsabgabe auf den Autobahnen Österreichs und der Schweiz. Dass mit einer Vergeltungsmaßnahme das Autofahren in die Nachbarländer auch nicht billiger wird, ist zwar manchem inzwischen aufgegangen. Aber Rachsucht – im amtlichen CSU-Jargon „Gerechtigkeit“ genannt – ist ein verbreitetes Motiv. Und wenn dann noch die Behauptung dazu kommt, mit dem Schröpfen der Nachbarbürger ließen sich deutsche Schlaglöcher stopfen, bekommt das niedere Motiv geradezu höhere Weihen.

Daran, dass die Maut am Ende im Vertrag steht, zweifelt kaum einer mehr - eben weil Seehofer sie als quasi einziges CSU-Herzensthema behandelt. Der Widerstand der NRW-CDU wird nicht reichen, sie zu verhindern, der Widerstand der SPD erst recht nicht; selbst die Stimme des sonst fast allmächtigen ADAC wird in der letzten langen Verhandlungsnacht ungehört bleiben.

Leute, die darüber maßgeblich mitreden, rechnen mit einer Formulierung „knapp oberhalb eines Prüfauftrags“: Die Koalitionäre werden sinngemäß vereinbaren, dass eine Maut eingeführt wird, die mit Europarecht vereinbar ist, mehr einbringt, als sie kostet, und keinen deutschen Autofahrer belastet. So in etwa hat das die CSU selbst versprochen. Und CDU-Chefin Angela Merkel hat diese drei Bedingungen am Freitag auf dem Parteitag der Schwesterpartei in München bekräftigt. Die Kanzlerin hat im Grunde kein Problem mit solchen Sätzen im Vertrag – sieht man davon ab, dass sie im TV-Duell genau das Gegenteil versprochen hat, nämlich keine Pkw-Maut. Aber wenn sich eine Maut als machbar erweist, die wirklich kein Bundesbürger mitbezahlen muss, richtet sie keinen Schaden an. Gelingt das dreifache Kunststück aber nicht, ist Seehofer der Blamierte. Und das soll Merkel dann auch recht sein.

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