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Als Bundesministerin nicht mehr im Amt, als Spitzenkandidatin aber schon: Franziska Giffey.

© Kay Nietfeld/dpa

Der nächste Plagiatsfall um Franziska Giffey: Die Gnade der Verjährung

Es gibt neue Plagiatsvorwürfe gegen Franziska Giffey, nun geht es um ihre Masterarbeit. Auch dort genau hinzusehen ist legitim. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Amory Burchard

Nachdem sich die Freie Universität zunächst schwer getan hatte, die von Plagiatsexperten akribisch dokumentierten, teilweise schweren Zitierfehler in Franziska Giffeys Doktorarbeit angemessen zu prüfen und zu bewerten, entzog sie ihr im Juni im zweiten Anlauf den Doktortitel. Damit schien die Sache für Giffey erledigt zu sein.

Sie legte schon kurz davor ihr Amt als Bundesfamilienministerin nieder, blieb aber nach dem Titelentzug als überführte Plagiatorin SPD-Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin. Mögen im September die Wähler:innen entscheiden, wie wichtig oder unwichtig wissenschaftliches Fehlverhalten ihnen ist.

Doch ein FU-Professor, Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch, will ihr das nicht durchgehen lassen. Gemeinsam mit einem kleinen Team zeigt er jetzt, dass Giffey zumindest in einem Drittel ihrer Masterarbeit über den Europapreis des Europarats ebenfalls abgeschrieben hat.

Im vorgelegten Zwischenbericht werden bislang keine Komplettplagiate nachgewiesen, sondern Bauernopfer, bei denen Giffey zwar eine Quelle angibt, aber wörtliche Zitate nicht, wie es Standard wäre, in Anführungszeichen setzt oder einrückt.

Außerdem gibt sie häufig falsche Quellen an, die auf Zitate an anderer Stelle verweisen. Gleichzeitig zeigt sie durch korrekte Passagen, die sie in Anführungszeichen übernimmt oder paraphrasiert, dass sie die Zitierregeln beherrscht. Das gilt zu Recht als Anhaltspunkt für bewusste Täuschung.

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All das geht offenbar nicht über Giffeys Verfehlungen in der Doktorarbeit hinaus, eher sind die Verstöße trotz ihrer Häufigkeit weniger gravierend. Doch die Analyse der Masterarbeit zeigt, dass Giffey schon in früheren Jahren unsauber arbeitete, um ihre wissenschaftliche Eigenleistung besser aussehen zu lassen. Wäre dies den Prüfern aufgefallen, hätte sie die Arbeit im besten Fall stark nachbessern müssen, im schlimmsten Fall hätte sie exmatrikuliert werden können. Wegen Verjährung drohen ihr jetzt aber keine Konsequenzen seitens der Hochschule mehr. Trotzdem bleibt aus wissenschaftlicher Sicht ein Makel hängen.

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Dass sich ein wissenschaftspolitisch und auf Twitter aktiver Forscher Giffeys alte Arbeit vornimmt, ist legitim. Stefanowitsch sagt, dass er im Namen der Wissenschaft handele: Überführte Plagiator:innen müssten sich zumindest eine Zeitlang aus der Politik zurückziehen. Wenn Giffey von der Berliner SPD gleichwohl weiterhin als Spitzenkandidatin mitgetragen wird, lässt sich das Anliegen des Professors nachvollziehen. Seine und andere Studierende erfahren so, dass zumindest die scientific community selber die wissenschaftlichen Standards hochhält.

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