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Der CDU-Politiker Friedrich Merz.

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Der Überzeugte: Merz bedient die Sehnsucht nach Führung in der CDU

Bei der Kritik an Merkel habe Friedrich Merz überzogen. Da sind sich alle in der CDU einig. An der Verehrung durch seinen Fanclub hat das nichts geändert.

Von Robert Birnbaum

Mit Spannung erwartet wird der Auftritt von Friedrich Merz beim CDU-Parteitag in Leipzig. Merz reüssiert neu als Hoffnungsträger für die Konservativen. Ob er das ist, beschreibt unser Autor Robert Birnbaum.

Wenn sich alle einig sind, dann ist vermutlich etwas dran. Und was Friedrich Merz angeht, sind sich in der Union ausnahmslos alle einig, bis hinein in den Wortlaut: „Da hat er überzogen“ heißt das Einheitsurteil über Merz’ „grottenschlecht“-Auftritt nach der Thüringen-Wahl. Selbst erklärte Anhänger des Sauerländers mögen dem Mainstream an der Stelle nicht widersprechen.

An der Verehrung seines Fanclubs hat die überzogene Abrechnung mit der Regierungspolitik seiner alten Widersacherin Angela Merkel allerdings nichts geändert. Bis auf den leichtfertigen Superlativ habe er ja recht, finden sie in der Jungen Union, im Wirtschaftsflügel und in den konservativen Kernlanden.

Dass der 64-Jährige dort wieder mit „Kanzler, Kanzler!“-Rufen empfangen wird, hat aber sowieso nur sehr begrenzt mit dem real existierenden Merz zu tun. Schon zu seiner aktiven Politiker-Zeit war der Erfinder der „Bierdeckel“-Steuerreform die Projektionsfläche für alle, die sich die CDU forsch, lebensstilkonservativ und irgendwie unberührt von den komplizierten Zumutungen der Neuzeit wünschten.

Der begnadete Redner bedient mit klaren Subjekt-Prädikat-Objekt-Sätzen bis heute diese Sehnsucht nach Führung, ohne je – selbst in seiner Zeit als Fraktionschef – ein Anführer gewesen zu sein.

Aber es liegt ohnehin an anderen, dass er wieder aus der Versenkung aufgetaucht ist, in die er nach der verpatzten Rede und der Niederlage beim Hamburger Parteitag vor einem Jahr verschwand. Merz reüssiert neu als Hoffnungsträger, weil seine Bezwingerin Annegret Kramp-Karrenbauer Hoffnungen nicht erfüllte und das übrige Feld kanzlerabler Unionspolitiker nicht üppig besetzt ist. Gerade unter Konservativen ist kein gestandenes Mannsbild in Sicht. Darum schaut mancher plötzlich so hoffnungsvoll wie vergeblich nach Bayern auf Markus Söder.

Attacke auf Merkel und Kramp-Karrenbauer

Dabei sind sich selbst Leute, die ihn gut zu kennen glauben, gar nicht sicher, ob Merz wirklich zielstrebig aufs Kanzleramt hinarbeitet oder sich bloß immer wieder von jubelnden JU-Deutschlandtagen hinreißen lässt. Als der „grottenschlecht“-Auftritt als Attacke nicht nur auf Merkel, sondern in einem Aufwasch auch gleich auf Kramp-Karrenbauer verstanden wurde, war ihm das jedenfalls nicht recht. Seine Solidaritätsnoten an die Parteichefin meint er in dem Moment ehrlicher, als sie oft ankommen.

Denn Merz ist kein raffinierter Taktiker, der seine Ziele hintenrum verfolgt. Er ist ein Überzeugter. Darin liegen seine Erfolge begründet, aber auch seine Niederlagen. Ob er als Kanzlerkandidat die Union zu neuen Höhenflügen führen oder im Gegenteil ihre Wählerschaft auf den Kern der ebenso Überzeugten reduzieren würde, ist eine offene Frage. Denn auch wenn das dem real existierenden Merz wieder nicht ganz gerecht wird – wahrgenommen wird er als Flügelmann.

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