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Politik: Der Wandelbare

Bushs Reise zur Eröffnung der Olympischen Spiele markiert eine Richtungsänderung seiner Außenpolitik

Als George W. Bush 2001 ins Weiße Haus einzog, nannte er China einen „strategischen Rivalen“ und zählte das von Peking protegierte Nordkorea zur „Achse des Bösen“. Nun reist er zur Eröffnung der Olympischen Spiele nach Peking, weil es, wie er im Interview mit der „Washington Post“ sagt, „wichtig ist, China einzubeziehen“. Er ist der erste US-Präsident, der Olympische Spiele außerhalb der USA besucht. Er tut dies trotz Kritik von Menschenrechtsgruppen und Abgeordneten, vor allem der Demokraten, die einen härteren Kurs fordern. Bushs Annäherungskurs ist nicht populär. Im Wahlkampf der Kandidaten für den Kongress und das Weiße Haus dient China als Sündenbock für die Wirtschaftsprobleme und das Handelsdefizit der USA. Die Chinapolitik ist ein herausragendes Beispiel für Bushs Wandel vom Falken zum Diplomaten zwischen dem Beginn und dem Ausklang seiner acht Jahre als Präsident.

Das Interview belegt: Es war eine bewusste Entscheidung in der Einsicht, dass die USA ihre Interessen besser durch Kooperation mit der aufsteigenden Supermacht als durch Konfrontation erreichen. Er fahre zur Eröffnung der Olympischen Spiele, „weil ich dem chinesischen Volk meinen Respekt zeigen möchte; dies ist stolzer Moment für China“, sagt Bush. Das Abkommen mit Nordkorea über nukleare Abrüstung wäre ohne Pekings Hilfe nicht zustande gekommen, analysiert die „Washington Post“. Auch die Iranpolitik und die Lage im Irak wären ohne Chinas Stillhalten in den UN und anderen Gremien noch schwieriger. Peking hat zudem seine Währung aufgewertet, wie von den USA gefordert.

Bushs Amtszeit hatte mit einem ernsten Konflikt begonnen. Im April 2001 streifte ein chinesischer Jagdflieger ein Aufklärungsflugzeug der US-Navy, es musste notlanden. Nach US-Angaben geschah das im internationalen Luftraum vor Chinas Küste, laut Peking im chinesischen Luftraum. China hielt Flugzeug und Besatzung tagelang fest. „Unsere Lehre war: Wir brauchen schnellere Kommunikation mit einer so großen und wichtigen Nation wie China“, sagt Bush nun. Nach dem Terroranschlag vom September 2001 waren die USA erst recht auf internationale Kooperation angewiesen.

Bush besucht China nun zum vierten Mal. Kein Präsident vor ihm war mehr als ein Mal dort. Er wird zum 15. Mal mit Chinas Präsidenten sprechen – ohne zu wissen, wie viel er damit erreicht. Es sei „wirklich schwer zu sagen“, ob die Menschenrechtslage sich in den acht Jahren verbessert habe, bekennt Bush. Er spreche offen über die Probleme, ermuntere vor allem dazu, „Religionsfreiheit nicht zu fürchten“, sondern als Nutzen für die Gesellschaft zu sehen. Die chinesischen Führer „hören zu, sie wirken interessiert“, sagt Bush über die Reaktionen.

Er wird demonstrativ einen christlichen Gottesdienst in Peking besuchen, aber keine Untergrundkirche, wie das Menschenrechtler und Amerikas religiöse Rechte fordern. Vor der Abreise hat Bush chinesische Dissidenten im Weißen Haus empfangen, jedoch nicht im Oval Office, sondern anderen Räumen. Der Vorschlag, Bush solle in Peking eine Rede im Stile Ronald Reagans in Berlin halten – „Mr. Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder!“ –, wurde verworfen, um die Gastgeber nicht zu verärgern.

Bush hatte China 1975 für mehrere Wochen besucht, als sein Vater dort US- Botschafter war. Sein damaliger Dolmetscher Yang Jiechi, den die Bushs „Tiger“ nannten, ist jetzt Chinas Außenminister.

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