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Deutsch-russische Konsultationen: Raketen, Energie und ein guter Riesling

Mit einem gemeinsamen Abendessen haben die deutsch-russischen Konsultationen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Russlands Präsident Putin begonnen. Auf der Tagesordnung stehen eine ganze Reihe kritischer Punkte, aber beide Politiker betonen die Gemeinsamkeiten.

Nach Putins deutlich verspäteter Ankunft auf dem Frankfurter Flughafen trafen beide Politiker in einem Restaurant im Rheingauer Weinort Hattenheim zusammen. "Wir freuen uns, dass der Präsident hier ist", sagte Merkel bei der Begrüßung. Nach Auskunft des Bundespresseamts hatte Schneefall in Moskau Putins Start verzögert.

Die deutsch-russischen Regierungskonsultationen dauern bis Montagmittag. Merkel bekannte sich am Wochenende zur "strategischen Partnerschaft" mit Russland: "Wir wollen gute Beziehungen auf allen Ebenen", sagte sie in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft. In erster Linie nannte sie Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie sowie Rechtssystem und Außenpolitik: "Dabei werden Themen wie der Umgang mit dem Iran und die Notwendigkeit neuer Sanktionen genauso auf der Tagesordnung stehen wie die Zukunft des Kosovo und die Lage auf dem Westbalkan."

Raketenabwehr und Energiebeziehungen

Putin wollte nach Kreml-Angaben seinerseits die US-Pläne für eine Raketenabwehr in Europa ansprechen. Moskau hoffe zudem auf eine Klärung, wie sich Deutschland die Energiebeziehungen zu Russland vorstelle. Nach dem Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft könne Berlin "die gemeinsamen Energieprojekte flexibler angehen", sagte Putins außenpolitischer Berater Sergej Prichodko. Dazu zählt die geplante Gaspipeline durch die Ostsee, gegen die einige EU-Länder Einwände erheben. Die deutsch-russischen Beziehungen charakterisierte Prichodko als intensiv, voller Vertrauen und sehr dynamisch.

Bereits seit Samstag diskutierten Politiker, Diplomaten, Wirtschaftsvertreter, Kulturmanager und Journalisten beider Länder im Rahmen des "Petersburger Dialogs" in Wiesbaden über die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland sowie zwischen Russland und der Europäischen Union (EU). Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow - einer der beiden Vorsitzenden des Dialogs - verteidigte Putin gegen Kritik: Der jetzige Staatschef führe die von ihm selbst begonnenen Reformen fort.

Gorbatschow kritisch gegenüber der "Perestroika"

Seine eigene Politik der Umgestaltung ("Perestroika") sei für die russische Gesellschaft zu schnell gegangen, räumte Gorbatschow ein: "Putin hat die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. (...) Putin hat einen sehr ordentlichen Job gemacht." Russland habe etwa die Hälfte des weiten Weges von einem totalitären System zu einem demokratischen Staat zurückgelegt.

Merkel betonte die Bedeutung dieses zivilgesellschaftlichen Gesprächsforums für die deutsch-russischen Beziehungen und sprach vom Interesse Deutschlands an einer "offenen Medienlandschaft in unseren Ländern". Gorbatschow wies Kritik am Umgang des Kremls mit den Medien zurück: "Genau wie Putin bin ich der Meinung, dass die Presse frei und verantwortlich sein muss."

Angebliches Attentat auf Putin in Iran

Putin winkte in Hattenheim ab, als er nach einem angeblich auf ihn geplanten Attentat im Iran in der kommenden Woche gefragt wurde. Der russische Präsident war vom Geheimdienst entsprechend gewarnt worden. Die Information beruhe auf Angaben mehrerer ausländischer Geheimdienste, wie der russische Radiosender "Echo Moskwy" unter Berufung auf Sicherheitskräfte berichtete. Demnach seien im Iran gleich mehrere Selbstmordkommandos gebildet worden, um Putin anzugreifen. Der Pressedienst des Kremls teilte am Abend mit, dass Putin über den Vorgang informiert worden sei.

Der Kremlchef will nach Abschluss der deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Wiesbaden in den Iran weiterfliegen. Dort soll er am Dienstag am Treffen der Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres teilnehmen. Putin propagiert im Konflikt um das iranische Atomprogramm die Fortsetzung des Dialogs mit Teheran. Russland widersetzt sich im Weltsicherheitsrat bislang den Forderungen des Westens nach härteren Iran-Sanktionen. (mit dpa)

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