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Ein bedruckter Zettel „AfD freie Zone“ an einer Glastür im Bundestag

© dpa/Gregor Fischer

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Abtrünnige erwägen Aussteigerprogramm für AfD-Abgeordnete

+++AfD-Fraktion im Bundestag schrumpft+++Bodo Ramelow zittert in Thüringen+++Tansania fordert Wiedergutmachung+++

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Wo gibt es eine Premiere? In Erfurt, noch nie gab es wohl eine Ministerpräsidentenwahl, wo im Vorfeld so viel so unklar war. Für 11 Uhr steht auf der Tagesordnung „Wahl des Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen – Wahlvorschlag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.“ Das Problem: Die Minderheitskoalition hat nur 42 von 90 Stimmen. Kommt es zum Sturz von Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow durch eine geheime Allianz aus CDU, AfD und FDP? Unwahrscheinlich. „Wenn ein Kandidat mit den Stimmen der AfD gewählt wird, ist das kein Versehen. Damit ist eine Brandschutzwand eingerissen“, warnt Grünen-Chef Robert Habeck. „Die CDU hat mehrfach klar gemacht, dass es keine Kooperation mit der AfD geben darf. Das muss sie jetzt auch beweisen.“

Was ist die große Unbekannte? Der mögliche dritte Wahlgang, schafft Ramelow davor keine absolute Mehrheit, reicht im dritten Wahlgang die einfache Mehrheit. Die AfD schickt den parteilosen Bürgermeister Christoph Kindervater ins Rennen. CDU und FDP könnten noch kurzfristig eigene Kandidaten ins Rennen schicken. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagt Richtung CDU: „Wenn sie ihr Verhältnis zu den Feinden der Demokratie tatsächlich geklärt hat, kann sie keinen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten mit Aussicht auf Erfolg aufstellen.“ Die CDU solle die Minderheitskoalition akzeptieren und konstruktiv mitarbeiten. Vielleicht fällt das große Drama aber auch aus: Vier Stimmen braucht Ramelow von der CDU und/oder, wenn er die bekommt, ist die Wahl schnell durch – und in Berlin würde vielleicht auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer aufatmen, dass das leidige Thema erstmal durch ist.

Wer schrumpft? Die AfD-Fraktion. Fünf Abgeordnete sind schon ausgetreten – Insider glauben, es könnten weitere folgen. Der Hintergrund: Wenn die Listen für die Bundestagswahl 2021 aufgestellt sind, werden einige AfD-Abgeordnete leer ausgehen. Sie könnten dann vorzeitig das Weite suchen, zudem droht die Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Die fünf Abtrünnigen haben sich kürzlich getroffen, um die Bildung einer eigenen Gruppe zu prüfen. Diese könnte als „parlamentarisches Aussteigerprogramm“ dienen und AfD-Abgeordneten den Austritt erleichtern, meint Ex-AfD-Mann Uwe Kamann.

Wer fordert Wiedergutmachung? Der tansanische Botschafter in Berlin, Abdallah Possi. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung hier den ersten Schritt macht und auf uns zugeht“, sagt Possi im Gespräch mit dem Berliner „Tagesspiegel“. Zunächst müsse die Regierung sagen, „wie viele menschliche Gebeine und Kulturobjekte aus dem heutigen Tansania während der Kolonialzeit nach Deutschland gebracht wurden und wo sie sich heute befinden.“ „Es gebe bislang keine schriftliche Vereinbarung zur Aufarbeitung der Kolonialgeschichte. Die Forderung ist ein Novum.

Was steckt dahinter? Zum Beispiel die Geschichte des Widerstandskämpfers Mangi Meli aus der Region des Kilimandscharo. Immer wieder war mein Kollege Paul Starzmann zu dem Thema zuletzt auf Recherche, oder wie wir sagten: „Paul ist wieder auf Schädelsuche.“ Es ist eine ungewöhnliche Geschichte aufgeschrieben. „Mein Enkel bringt uns den Kopf von Mangi Meli zurück“ – dieser Auftrag seiner Oma begleitet Mnyaka Sururu Mboro seit 40 Jahren, fast so lange sucht er den Schädel des von Deutschen im Jahr 1900 in Tansania erhängten Mangi Meli bereits in Deutschland, der Kopf wurde damals vom Körper abgetrennt und könnte in einer der vielen Schädelsammlungen aus dieser dunklen Kolonialzeit schlummern – allein in Berlin liegen [insgesamt 6000 Schädel aus der Luschan-Sammlung in einem grauen Flachbau in Berlin-Friedrichshagen. 1600 davon stammen aus Afrika.

Wann gibt es die nächste Libyen-Konferenz? Voraussichtlich Mitte Februar sollen die Außenminister der Staaten, die beim Gipfel im Januar dabei waren, in Deutschland zusammenkommen, um über die Umsetzung der Berliner Beschlüsse zu beraten. Auf der Berliner Libyen-Konferenz hatten die Staats- und Regierungschefs beschlossen, künftig keine Waffen mehr nach Libyen zu liefern – aber mehrere Teilnehmer halten sich nicht daran und befeuern den Bürgerkrieg weiter.

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