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Politik: Dreierkoalition in Athen geplatzt

Athen - Fast auf den Tag genau ein Jahr nach ihrer Bildung ist die griechische Dreiparteienkoalition unter dem konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras am Freitag geplatzt. Die Demokratische Linke (Dimar), der kleinste der drei Partner, zog ihre vier Minister und Staatssekretäre aus der Regierung zurück.

Athen - Fast auf den Tag genau ein Jahr nach ihrer Bildung ist die griechische Dreiparteienkoalition unter dem konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras am Freitag geplatzt. Die Demokratische Linke (Dimar), der kleinste der drei Partner, zog ihre vier Minister und Staatssekretäre aus der Regierung zurück. Die sozialdemokratische Pasok will am Regierungsbündnis mit Samaras festhalten. Voraussichtlich am Sonntag wollen Samaras und Pasok-Chef Evangelos Venizelos über die Bildung einer neuen Regierung beraten. Gemeinsam haben Samaras’ konservative Nea Dimokratia (ND) und die Pasok eine knappe Mehrheit von 153 der 300 Sitze im Parlament.

Anlass des Bruchs war die umstrittene Entscheidung des Premiers, den staatlichen Rundfunk ERT zu schließen. Samaras hatte vor zehn Tagen die Schließung und die Entlassung von knapp 2700 Mitarbeitern des Senders im Alleingang angeordnet – gegen den Einspruch seiner beiden Koalitionspartner. Auch in drei Krisentreffen seit Montag gelang es den Parteichefs nicht, einen Kompromiss zu finden. In einer gemeinsamen Sitzung des Parteivorstandes und der Parlamentsfraktion der Dimar sprach sich am Freitag die große Mehrheit der anwesenden Politiker dafür aus, die Koalition zu verlassen. Die Partei unterstrich aber, Griechenland brauche keine vorgezogenen Wahlen. Dimar werde weiter für den Verbleib Griechenlands im Euro kämpfen. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass die Dimar die Regierung auch künftig bei wichtigen Abstimmungen stützen wird. Denn an einem Sturz der Regierung und Neuwahlen kann die Dimar kein Interesse haben. Meinungsumfragen signalisieren, dass sie mit herben Stimmenverlusten rechnen müsste. Das gleiche gilt für die Pasok. Auch Samaras dürfte daran gelegen sein, vorzeitige Wahlen zu vermeiden. Seine ND liegt in Umfragen lediglich rund zwei Prozentpunkte vor der radikal-linken Oppositionspartei Syriza.

Die verbliebene Zweiparteienkoalition steht vor schwierigen Entscheidungen wie der Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Stellenstreichungen im Staatsdienst. Dass die Koalition die verbleibenden drei Jahre der Legislaturperiode in voller Länge durchsteht, gilt als unwahrscheinlich. Viel wird davon abhängen, ob sich die von Samaras beschworenen Hoffnungen auf eine Besserung der wirtschaftlichen Lage erfüllen wird. Die weiter steigenden Arbeitslosenzahlen und die wachsende Not Hunderttausender Familien stärken die oppositionelle Syriza. Sie will im Fall eines Wahlsieges die Kreditverträge mit den ausländischen Geldgebern kündigen. Damit würde das Gespenst eines griechischen Staatsbankrotts wieder auferstehen. Gerd Höhler

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