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Nato-Gipfel: Druck auf Bündispartner erhöht sich

Vor Beginn des Nato-Gipfels in Lettland haben US-Präsident George W. Bush und die Nato-Spitze den Druck auf Deutschland und andere Bündnispartner erhöht.

Riga/Berlin - Bush und Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer forderten erneut mehr Truppen vor allem für den heftig umkämpften Süden Afghanistans. "Die Verbündeten müssen die Mittel bereitstellen, die die Nato-Kommandeure verlangen", unterstrich Bush. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Forderungen dagegen vor ihrer Abreise nach Riga erneut zurück. Die Bundeswehr sei und bleibe im vergleichsweise ruhigen Norden Afghanistans, sagte die Kanzlerin.

Die Sicherheitslage am Hindukusch ist Hauptthema bei dem Nato-Gipfel in der lettischen Hauptstadt Riga am Dienstag und Mittwoch. Darüber wollten die 26 Nato-Staats- und Regierungschefs zum Gipfelauftakt bei einem Abendessen verhandeln. Mit Blick auf die wiederauflebenden Kämpfe in dem Land forderte Bush bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn, die Nato-Bündnispartner müssten in Afghanistan auch "schwierige Aufgaben akzeptieren".

Der Internationalen Schutztruppe fehlen Soldaten

De Hoop Scheffer nannte es zugleich "inakzeptabel", dass in Südafghanistan immer noch 20 Prozent der Truppen fehlten. Auch Nato-Oberkommandeur James Jones betonte, in einer Situation, in der "auf Menschen geschossen wird, wo es Kämpfe gibt, sind zehn oder 15 Prozent wichtig".

Die von der Nato geführte Internationale Schutztruppe für Afghanistan (Isaf) umfasst rund 32.000 Soldaten aus 37 Ländern. Nach Einschätzung von Jones fehlen aber rund 2500 Soldaten. Deutschland ist mit rund 2800 Soldaten der drittgrößte Truppensteller. Die Bundeswehr leitet das Kommando im vergleichsweise ruhigen Norden Afghanistans. Im Süden und Osten des Landes sind britische, kanadische und niederländische Soldaten in heftige Kämpfe mit den radikalislamischen Taliban verwickelt. Erst am Montag waren in Südafghanistan zwei kanadische Soldaten bei einem Selbstmordattentat getötet worden. Am Dienstag wurde ein Polizist im Westen des Landes verletzt.

Bundesregierung sträubt sich gegen weitere Forderungen

Bei der Bundesregierung beißen Bush und die Nato-Führung mit ihren Forderungen weiter auf Granit. "In Notfällen helfen wir im Süden", sagte Merkel dem Fernsehsender N24. "Aber unser Platz ist ansonsten im Norden, wo 40 Prozent der afghanischen Bevölkerung leben." Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bekräftigte, es gebe keine offizielle Anfrage etwa von anderen Nato-Staaten: "Es gibt keinen derartigen offiziellen Druck, es gibt drittrangige Diskussionen in diese Richtung", sagte der Minister dem Fernsehsender Phoenix.

"Unser Beitrag wird respektiert", sagte auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Nato-Kritik. Er erneuerte in einem Interview mit der "Frankfurter Rundschau" die Forderung Berlins nach einer besseren militärisch-zivilen Zusammenarbeit in Afghanistan. Steinmeier äußerte sich überzeugt, dass es im Süden des Landes einen "Neuansatz mit so genannten Sicherheitsinseln" geben werde, von denen aus der Wiederaufbau beginnen könne.

Kritik an den Bündnispartnern

Trotz aller Kritik an den Bündnispartnern zeigte sich Nato-Generalsekretär de Hoop Scheffer insgesamt zuversichtlich, dass der Einsatz in Afghanistan erfolgreich sein könne. "Afghanistan ist 'Mission Possible'", unterstrich er in seiner Auftaktrede zum Nato-Gipfel. Aufgeschlossen zeigte er sich dabei für den Vorschlag des französischen Präsidenten Jacques Chirac, eine "Kontaktgruppe" für Afghanistan nach Vorbild des Kosovo einzurichten. Sie soll die Zusammenarbeit der internationalen Akteure besser koordinieren. Der Kosovo-Kontaktgruppe gehören neben Deutschland noch Frankreich, Großbritannien, Italien, Russland und die USA an. (tso/AFP)

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