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Palin

© AFP

PARTEITAG DER REPUBLIKANER: Ein Baby im Wahlkampf

Pfiffe, Stürme und eine sehr junge Mutter: Den Hurrikan Gustav haben John McCain und die Republikaner glimpflich überstanden. Die Enthüllungen über die Tochter von Sarah Palin, McCains Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten, bereitet der Partei aber viel größere Sorgen.

Unter dem Eindruck eines glimpflichen Ausgangs der Hurrikan-Gefahr haben die Republikaner am zweiten Tag ihres Nominierungsparteitages den politischen Normalbetrieb aufgenommen. Prominente Redner wie New Yorks Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani, der gescheiterte Präsidentschaftskandidat Fred Thompson und der unabhängige Senator und Ex-Demokrat Joe Lieberman, der als Vizepräsident im Gespräch war, sollten die Convention in Kampfstimmung versetzen. Präsident George W. Bush wollte per Videoschaltung sprechen.

Ein Hauptgesprächsthema in den Gängen des Excel-Centers in St. Paul und in den Nachrichtensendern aber war die überraschende Neuigkeit, dass Bristol Palin, die 17-jährige Tochter der Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin, ein Baby erwartet. Die Republikaner hatten das am Montag Abend bekannt gegeben, während die Amerikaner sich auf den Verlauf von Hurrikan „Gustav“ konzentrierten. Sie behaupteten, sie reagierten mit der Nachricht auf Gerüchte unter linken Bloggern, dass der im April geborene jüngste Sohn der 44-jährigen Sarah Palin, der mit Down-Syndrom zur Welt kam, in Wahrheit ein Baby der Tochter Bristol sei. Die hatte ihren kleinen Bruder vor laufenden Fernsehkameras auf dem Arm gehalten, als der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain Palin samt ihrer Familie am Freitag als „running mate“ vorstellte.

In den Talkshows wurden die politischen Auswirkungen dieser Botschaft breit diskutiert. Republikaner sagten, die Nachricht festige den Rückhalt des Teams McCain/Palin unter Konservativen. Für die sei wichtigstes Kriterium, dass eine Abtreibung nicht einmal erwogen worden sei und Bristol den Kindsvater bald heirate. Auch Demokraten hüteten sich, die Schwangerschaft der minderjährigen, unverheirateten Bristol als Fehltritt zu deuten, der gegen Familienwerte und Moralvorstellungen der Republikaner verstoße. Barack Obama betonte, es sei „tabu“, die Familie von Kandidaten und ihre privaten Probleme in den Wahlkampf zu ziehen. Wenn er einen Mitarbeiter dabei erwische, werde er ihn feuern.

Politische Kommentatoren sind sich einig, dass diese und andere Enthüllungen über Sarah Palin die parteipolitische Spaltung der USA verschärfen. Als McCain Palin am Freitag vorstellte, hatten beide den Eindruck erweckt, ihre Nominierung als Vize solle enttäuschte Anhänger Hillary Clintons bewegen, republikanisch zu wählen, damit wenigstens eine andere Frau auf dem Weg ins Weiße Haus sei. Die öffentliche Debatte zeigt aber, dass Demokraten und parteiunabhängige Wähler eher auf Distanz zu Palin gehen, auch wegen ihres traditionellen Frauenbildes. Stattdessen zieht sie Religiöse und Rechtskonservative an, die zuvor ihre Zweifel an McCain hatten, weil er in ihren Augen zu moderat war.

Die „Washington Post“ publizierte am Dienstag eine Geschichte, die Palins Ruf einer Vorkämpferin gegen die Verschwendung öffentlicher Gelder gefährdet. Palin rühmt sich, sie habe den Bau einer viele Millionen teuren „Brücke nach nirgendwo“ gestoppt, die eine fast unbewohnte Insel in Alaska ans Verkehrsnetz anschließen sollte. Das Projekt war ein Geschenk an den Wahlkreis eines Republikaners. Nun enthüllte die „Washington Post“, Palin habe als Bürgermeisterin der Kleinstadt Wasilla eine Lobbyfirma bezahlt, um 27 Millionen Dollar Bundesmittel nach Wasilla zu lotsen.

Am Montag hatten die Republikaner das Programm ihres Eröffnungsabends auf das von der Geschäftsordnung vorgeschriebene Minimum reduziert, um ihr Mitgefühl für die befürchteten Opfer des Hurrikans „Gustav“ zu zeigen. Sie hielten sich im Wesentlichen an McCains Versprechen, Parteipolitik beiseite zu lassen. Nur die Rede zur Vorstellung des Parteiprogramms enthielt kämpferische Töne. Viele Delegierte zeigten ihren Regionalstolz. Alle Texaner hatten Cowboyhüte auf. Die Delegierten aus Florida trugen identische gelbe Hawaiihemden.

Präsident George W. Bush und Vizepräsident Dick Cheney sagten ihre Auftritte ab. Die allesamt republikanischen Gouverneure der betroffenen Staaten Florida, Alabama, Mississippi, Louisiana und Texas blieben zu Hause, um die Schutzmaßnahmen zu beaufsichtigen. Sie sprachen am Nachmittag per Videoschaltung zu den Delegierten. Konservative nähmen das Parteitagsmotto „Country First“ ernst, sagte der Gouverneur von Texas, Rick Perry, unter langem Beifall. Das ganze Land könne beobachten, wie sich republikanische Gouverneure um die Bürger kümmerten. Das sollte ein Seitenhieb auf die Demokraten sein. Als Hurrikan „Katrina“ 2005 New Orleans zerstörte, war die Demokratin Mary Landrieu Gouverneurin von Louisiana. Im kollektiven Gedächtnis steht „Katrina“ aber auch für das Versagen der Bundesregierung unter Präsident Bush.

Zum Abschluss des Montag baten First Lady Laura Bush und ihre mögliche Nachfolgerin Cindy McCain in kurzen, mitfühlenden und unprätentiösen Reden, die landesweit im Fernsehen übertragen wurden, um Spenden für Hurrikan-Opfer.

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