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Bald ausgestrahlt: Das Zwischenlager in Gorleben wurde jahrzehntelang favorisiert und war ebenso lange hochumstritten. Jetzt soll die Suche nach einem Endlager für Atomabfälle neu beginnen.

© dpa

Endlagerkompromiss: Was vom Castor übrig bleibt

Die Bundesregierung hat am Mittwoch den Endlagerkompromiss beschlossen. Jetzt geht es aber wieder in die Niederungen der deutschen Atomdebatte. Zum Beispiel muss das Problem geklärt werden, wo die Castoren jetzt hinrollen sollen.

Bevor sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch mit den vier Atomkonzernen zusammensetzte, um über das Endlagersuchgesetz und den Verbleib von 26 Atommüllbehältern aus dem Ausland zu verhandeln, leistete er sich etwas Pathos: „Der heutige Beschluss ist ein Meilenstein, um gemeinsam die letzte große Streitfrage der Kernenergienutzung zu lösen“, sagte Altmaier. Und stieg dann wieder in die Niederungen der deutschen Atomdebatte hinab. Die Bundesregierung hat nämlich den zwischen Bund und Ländern, Regierung und Opposition gefundenen Endlagerkompromiss am Mittwoch beschlossen. Am 5. Juli soll das Gesetz dann den Bundesrat passieren.

Der Gesetzentwurf sieht vor, eine neue Standortauswahl für ein Atomendlager zu beginnen und sich dabei „wissenschaftsbasiert“ an der „bestmöglichen Sicherheit“ zu orientieren. Bis 2031 soll die Standortauswahl abgeschlossen sein. Seit dem Tag des Endlagerkompromisses am 9. April haben Bundestagsabgeordnete aus neuerdings „gefährdeten“ Regionen, Bürgermeister und Landräte angefangen, gegen mögliche Standorte in ihren Regionen zu mobilisieren. Peter Altmaier kommentiert diese Bemühungen milde mit dem Hinweis, dass sich alle „erst einmal daran gewöhnen müssen, dass nun ein Endlager auch gefunden werden soll“.

Nun muss jedoch erst einmal das Problem gelöst werden, wohin die 26 Castoren kommen, die nicht mehr nach Gorleben transportiert werden sollen. Davon hat Niedersachsen seine Zustimmung zum Kompromiss abhängig gemacht. Vattenfall, EnBW, Eon und RWE müssten die entsprechenden Transport- und Genehmigungsanträge für einen Transport in ein anderes Zwischenlager stellen. Ob sie die Kosten in zweistelliger Millionenhöhe dafür auch tragen müssen ist ebenso umstritten wie die Frage, ob sie für die Kosten einer neuen Endlagersuche überhaupt aufkommen müssen. Entschieden wird diese Frage wohl ohnehin vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Der ehemalige Rektor der Universität Mannheim, Professor Hans-Wolfgang Arndt, hat in einem Gutachten für das Deutsche Atomforum jedenfalls zu begründen versucht, warum die Atomkonzerne die neue Suche nur dann bezahlen müssten, wenn sie die Kosten für die bisherige Erkundung des umstrittenen Salzstocks in Gorleben – rund 1,6 Milliarden Euro – verzinst zurück bekämen. In seinem Gutachten heißt es lapidar: „Das Verursacherprinzip ist keine Ermächtigungsgrundlage zur außersteuerlichen Abgabenerhebung.“ Er argumentiert, dass „politische Durchsetzbarkeit“ kein Kriterium für die Erhebung von Gebühren sein könne und einen neue Endlagersuche keinen Sicherheitsgewinn bringe.

Dem hält der Berliner Atomrechtsexperte Hartmut Gaßner entgegen, dass über die „Sicherheitskultur, der sich Risikotechnologien unterwerfen müssen, politisch vom Gesetzgeber entschieden werden muss“. Gaßner argumentiert mit der „rechtlichen Notwendigkeit“, sich „zur Bestimmung des bestmöglichen Endlagerstandorts auf eine vorlaufende Auswahl alternativer Standorte stützen zu können“. Derweil empfiehlt der Göttinger Rechtsprofessor Werner Heun in einem Gutachten im Auftrag der grünen Bundestagsfraktion, die Kostenübertragung an die Verursacher des Atommülls im Gesetz klarer zu fassen. Heun sieht in der Regelung über die Finanzaufsichtsbehörde Bafin ein gutes Vorbild dafür. Die bisherige Regelung im Atomgesetz, wonach die Atommüllverursacher Vorausleistungen zu leisten haben, sei über einen Zeitraum von 50 bis 60 Jahren schwer zu rechtfertigen, und die Konzerne könnten auch nur schwer kalkulieren, welche Kosten konkret auf sie zukämen. Im Kabinettsentwurf für das Endlagersuchgesetz sind diese Ratschläge noch nicht enthalten. Womöglich werden sie aber im Verlauf der Gesetzesbefassung noch eine Rolle spielen.

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