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Der Botschafter der Ukraine in Deutschland Melnyk fordert, dass der Steinmeier'schen Reue Taten folgen.

© Nassim Rad/Tagesspiegel

Update

Energiesanktionen und Waffenlieferungen: Melnyk fordert deutsche „Taten“ nach Steinmeiers Putin-Eingeständnis

Der Ukraine-Botschafter erhöht den Druck auf die Bundespolitik, entschlossener gegen Russland zu agieren. Auch die deutsche Gesellschaft habe Handlungsbedarf.

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, sieht das Fehler-Eingeständnis von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Umgang mit Russland nur als „ersten Schritt“.

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„Für uns ist wichtig, dass diesen Aussagen jetzt Taten folgen. Diese Taten fehlen“, sagte Melnyk am Dienstag im Deutschlandfunk.

„Also ich würde mir schon wünschen, wie viele meiner Landsleute, dass der Bundespräsident jetzt nicht nur diese Reue zeigt, sondern dass er auch von der Bundesregierung als Staatschef verlangt, die Lehren zu ziehen aus dem Massaker von Butscha, aus anderen Gräueltaten, die wir Tag und Nacht jetzt in der Ukraine erleben.“

[Lesen Sie hier zudem ein Interview mit Andrij Melnyk: „Steinmeier knüpfte ein Spinnennetz der Russland-Kontakte“ (T+)]

Konkret bedeute dies, dass scharfe Sanktionen wie ein Energie-Embargo und der Ausschluss aller russischen Banken vom internationalen Zahlungssystem Swift endlich verhängt würden, so der Botschafter.

„Man kann mit einer Panzerfaust keine Gegenoffensive starten“

Neben energiepolitischen Sanktionen forderte Melnyk weitere deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine zur Abwehr der russischen Invasionstruppen. Bislang seien leichte Waffen wie Flugabwehrraketen und Panzerfäuste geliefert worden, sagte er.

Was die Ukraine aber nun brauche, seien schwere Waffen, Panzer, gepanzerte Wagen, Artilleriesysteme und Mehrfachraketenwerfer, womit man auch die Gebiete im Südosten der Ukraine befreien könne.

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„Man kann keine Gegenoffensive starten mit einer Panzerfaust“, sagte Melnyk. Die Ukraine erwarte, dass auch aus den Beständen der Bundeswehr ähnliche Technik wie der Schützenpanzer Marder, der Flugabwehrpanzer Gepard und der Kampfpanzer Leopard geliefert werde.

Laut Melnyk ist die Bundeswehr für derlei Lieferungen in der Lage. Die Rüstungsindustrie habe signalisiert, dass Marder, die an die Ukraine geliefert würden, sofort ersetzt werden könnten.

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Melynk forderte nun nicht nur von der Politik Konsequenzen. „Wir glauben, dass das, was in den letzten über zwei Jahrzehnten hier in Deutschland geschehen ist, dringend aufgearbeitet werden muss, und zwar nicht nur politisch, sondern auch auf der Ebene der Gesellschaft und der Medien“, sagte er.

Die Frage sei, wie Deutschland energiepolitisch „fast vollständig“ vom russischen Staat abhängig habe werden können. Diese Abhängigkeit müsse die Ukraine nun mit dem Leid ziviler Opfer ausbaden.

Steinmeier nennt Putin „eingebunkerten Kriegstreiber“

Bundespräsident Steinmeier hatte am Montag erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler“, sagte Steinmeier, der von 2005 bis 2009 und von 2013 bis 2017 Außenminister war. „Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben.“

Am Dienstag räumte er dann ein, dass eine Zusammenarbeit wie in früheren Jahren mit Russland unter Putins Führung nicht mehr möglich sei. „Was Russland angeht, muss ich Ihnen sagen, weiß ich es nicht“, sagte er im ZDF auf die Frage, ob es noch „mit“ oder nur noch „gegen“ Putins Russland eine Zukunft geben könne.

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„Ich bin sicher, es wird in dem Russland unter Putin keine Rückkehr zur Normalität, zum Status quo ante geben.“ Putin sei mittlerweile ein „eingebunkerter Kriegstreiber“.

Man sei in vielen Punkten gescheitert, auch darin, Russland in eine europäische Sicherheitsarchitektur einzubinden. „Das ist eine bittere Bilanz, vor der wir stehen“, sagte der Bundespräsident. „Und zu dieser bitteren Bilanz gehört auch die Fehleinschätzung, dass wir und auch ich gedacht haben, dass auch ein Putin des Jahres 2022 am Ende nicht den totalen politischen, wirtschaftlichen, moralischen Ruin des Landes hinnehmen würde, für seine imperialen Träume oder seinen imperialen Wahn“, bekräftigte er.

Steinmeier erneuerte auch seine Selbstkritik zum Umgang mit Russland und der Einschätzung Putins. Vor allem die Warnungen der osteuropäischen Partner nach 2014 hätte man ernster nehmen müssen. Steinmeier war von 1999 bis 2005 Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder (SPD), dann von 2005 bis 2009 und von 2013 bis 2017 Außenminister im Kabinett von Angela Merkel (CDU). (dpa, Reuters)

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