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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M.), Christian Lindner (FDP, l.), Bundesminister der Finanzen,und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, kommen zum Pressesstatement nach der Halbzeitklausur des Bundeskabinetts vor Schloss Meseberg.

© dpa/Michael Kappeler

Update

Ampel will künftig „geräuschloser“ arbeiten: Das sind die Ergebnisse der Klausurtagung in Meseberg

Das Bundeskabinett hat das Wachstumschancengesetz beschlossen sowie Eckpunkte für ein Gesetz zum Bürokratieabbau. Scholz betont die Handlungsfähigkeit der Regierung.

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Nach den Streitigkeiten um die Kindergrundsicherung und das Heizungsgesetz will die Ampel-Regierung ihre Konflikte in Zukunft weniger öffentlichkeitswirksam austragen. Bei der Kabinettsklausur in Meseberg hätten sich die Koalitionspartner „schon vorgenommen, dass das geräuschloser stattfindet“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch zum Abschluss des zweitägigen Treffens. „Wir werden hämmern und klopfen, aber mit Schalldämpfer.“

Scholz zeigte sich überzeugt, dass dies auch für die Koalitionsfraktionen gelte. Denn Ziel müsse es sein, „dass die doch sehr erfolgreiche Leistungsbilanz nicht dadurch unberücksichtigt bleibt, weil gewissermaßen der Weg zur Findung der Entscheidung so laut ist“. Denn es sei „ja doch das Merkwürdige“, dass viel mehr entschieden worden sei „als in den letzten Jahren“, und das „in einem unglaublichen Tempo“.

Im Rahmen der Klausurtagung beschloss das Kabinett unter anderem das Wachstumschancengesetz. Vorgesehen sind Entlastungen für die Wirtschaft im Volumen von gut sieben Milliarden Euro. Damit „schaffen wir Wachstumschancen“ und „bereiten ein Fundament für mehr private Investitionen“, erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).

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„Das Wachstumschancengesetz ist ein erster wichtiger Baustein, um die Wachstumskräfte der deutschen Wirtschaft zu stärken“, betonte Lindner weiter. Es verbessere „die steuerlichen und damit auch die wirtschafts- sowie standortpolitischen Rahmenbedingungen, um in Deutschland zu investieren“. Zugleich würden „Innovationen und die Transformation zur digitalen und klimaneutralen Wirtschaft“ unterstützt.

Ein Kernpunkt des Gesetzes ist eine Investitionsprämie, um den Umbau der Wirtschaft in Richtung von mehr Klimaschutz voranzubringen. Zudem wird die steuerliche Anrechnung von Verlusten erleichtert und wieder eine degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter ermöglicht. Außerdem soll es zeitlich befristet eine degressive Abschreibung für neue Wohngebäude und weitere Möglichkeiten für Sonderabschreibungen geben.

Der Kabinettsbeschluss zum Wachstumschancengesetz hatte eigentlich bereits vor zwei Wochen erfolgen sollen. Damals hatte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wegen des koalitionsinternen Streits um die Finanzierung der Kindergrundsicherung Widerspruch eingelegt. In der Zwischenzeit wurde das Entlastungsvolumen des Wachstumschancengesetzes noch einmal aufgestockt.

Bürokratieabbau soll Milliarden einsparen

Das Bundeskabinett hat außerdem Eckpunkte für ein Gesetz zum Bürokratieabbau beschlossen. Das geplante Bürokratieentlastungsgesetz solle zusammen mit Regelungen im Wachstumschancengesetz „Bürokratie-Ballast in Höhe von 2,3 Milliarden Euro von den Schultern unserer Wirtschaft“ nehmen, erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Mittwoch.

Geplant seien etwa die Verkürzung der handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre und der Verzicht auf Meldescheine in Hotels für deutsche Staatsbürger.

Zudem soll die elektronische Schriftform im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Regelform werden, wie das Bundesjustizministerium weiter mitteilte. Auch bei Arbeitsverträgen sollen bestimmte Nachweispflichten und Arbeitszeugnisse durch die elektronische Form ersetzt werden können. In der Nahrungsmittelindustrie soll die Information über Allergene bei loser Ware digital erfolgen können.

Das Wachstumschancengesetz ist ein erster wichtiger Baustein, um die Wachstumskräfte der deutschen Wirtschaft zu stärken.

Christian Lindner

Erleichterungen soll es auch bei der bisherigen Schrifterfordernis für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit geben. Hinzu kommen die Abschaffung von Genehmigungen in der Küstenschifffahrtsverordnung sowie Regelungen zur Beschleunigung von Baumaßnahmen im Schienenverkehr.

Weitere Informationspflichten sollen auf ihre Aktualität überprüft werden, um insbesondere auch den Mittelstand zu entlasten, hieß es. Genannt wurden die Bereiche Energierecht, Außenwirtschaftsrecht, Mess- und Eichwesen sowie die Wirtschaftsstatistik. Auch Gewerbe- und Handwerksordnungen und berufsspezifische Verordnungen sollen auf den Prüfstand.

Viele Betriebe litten unter „einem Bürokratie-Burn-out“, sagte Buschmann in Meseberg. Er räumte ein, dass die Bürokratiebelastung unter der Ampel-Regierung in Zeiten der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sogar wieder gewachsen sei.

Anschub für E-Rezept und E-Patientenakte

Elektronische Rezepte und digitale Patientenakten sollen nach jahrelangen Verzögerungen auf breiter Front zum Einsatz kommen. Darauf zielen Gesetzespläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die das Bundeskabinett am Mittwoch in Meseberg auf den Weg gebracht hat.

Bis Anfang 2024 sollen demnach E-Rezepte zum Standard und für die Praxen verpflichtend werden. Anfang 2025 sollen alle gesetzlich Versicherten elektronische Patientenakten bekommen - es sei denn, man lehnt das für sich ab. Auch die Nutzung kombinierter Gesundheitsdaten für die Forschung soll stärker vorangebracht werden.

Damit starten wir sowohl im Versorgungsalltag wie in der Forschung eine Aufholjagd.

Karl Lauterbach

Lauterbach sagte: „Damit starten wir sowohl im Versorgungsalltag wie in der Forschung eine Aufholjagd.“ Patienten sollten sich darauf verlassen können, dass ihre Gesundheitsdaten überall sicher genutzt werden, um sie besser zu versorgen. Mit zwei Gesetzen, die jetzt in den Bundestag kommen, soll die Digitalisierung beschleunigt werden.

Als Kernprojekt sollen die Krankenkassen zum 15. Januar 2025 für alle gesetzlich Versicherten automatisch elektronische Akten einrichten - außer, man widerspricht. Sie sollen ein persönlicher Datenspeicher sein und Patienten ein Leben lang bei allen Ärzten begleiten. Die gebündelten Daten sollen auch Wechselwirkungen von Medikamenten und Mehrfachuntersuchungen vermeiden. Als wählbares Angebot waren die E-Akten bereits 2021 eingeführt worden, werden aber kaum genutzt.

Entwurf zur Reform des BND-Gesetzes

Das Kabinett hat eine Reform des BND-Gesetzes beschlossen, mit dem der deutsche Auslandsgeheimdienst unter anderem besser vor Spionage geschützt werden soll. Die Ministerriege stimmte nach Angaben aus Regierungskreisen einem entsprechenden Entwurf aus dem Kanzleramt zu. Mit den Reformplänen wird auch auf die Russland-Spionageaffäre des Bundesnachrichtendienstes vom vergangenen Jahr reagiert.

Um den BND künftig besser gegen Spionage durch eigene Mitarbeiter abzusichern, sollen unter anderem verdachtsunabhängige Personen-, Taschen- und Fahrzeugkontrollen durchgeführt werden können. Auch private Geräte wie Smartphones sollen kontrolliert werden können, wenn ein Verdacht vorliegt. „Mögliche Spionagetätigkeiten anderer Nachrichtendienste sollen durch die Kontrollen frühzeitig erkannt werden“, heißt es im Entwurf. 

Georgien und Moldau sollen sichere Herkunftsländer werden

Georgien und Moldau sollen nach dem Willen der Bundesregierung als sogenannte sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. „Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten werden dadurch schneller bearbeitet und - im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag - wird ihr Aufenthalt in Deutschland schneller beendet“, heißt es in dem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums, den das Kabinett bei seiner Sitzung im brandenburgischen Meseberg am Mittwoch beschloss. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen.

„Mehr als jeder zehnte abgelehnte Asylantrag kommt aus diesen beiden Ländern“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Hier können wir also sehr schnell irreguläre Migration wirksam reduzieren. Zugleich wollen wir mit Georgien und Moldau demnächst Migrationsvereinbarungen schließen.“

Asylanträge von Staatsangehörigen aus Georgien und der Republik Moldau würden zurzeit überwiegend abgelehnt, heißt es in dem Gesetzentwurf. „Die Anerkennungsquoten betrugen im Jahr 2022 und im ersten Halbjahr 2023 zu beiden Staaten unter 0,1 Prozent.“ Gemeinsam mit anderen Maßnahmen könne die Bestimmung zu sicheren Herkunftsstaaten zu einem erheblichen Rückgang der Asylsuchenden aus diesen Staaten führen.

Von Januar bis Juli gab es laut Innenministerium 6612 Asylanträge von Georgiern und 1910 Asylanträge von Moldauern. Sichere Herkunftsstaaten sind Staaten, bei denen davon ausgegangen wird, dass es dort im Regelfall weder Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gibt und dem betroffenen Ausländer damit in seiner Heimat kein ernsthafter Schaden droht. (AFP/dpa)

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