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Im Plenarsaal musste kräftig umgebaut werden.

© imago/Jens Schicke

Entscheidung des Vor-Ältestenrats: FDP sitzt im Bundestag künftig neben der AfD

Der Einzug der AfD mischt das Parlament auf. Die FDP will nicht neben den Rechtspopulisten sitzen. Aber es wird doch so kommen.

Von Robert Birnbaum

Der Präsident hat entschieden, und die FDP hat sich murrend gebeugt: Nix ist mit dem Platz in der Mitte, die Freidemokraten sitzen im Reichstag auf der rechten Seite zwischen AfD und CDU/CSU. So hat es Norbert Lammert in der Sitzung des Vor-Ältestenrats am Freitag verfügt.

Formal gilt das Diktum nur für die erste Sitzung am 24. Oktober, und FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann gab pflichtschuldigst zu Protokoll, dass später eine Mehrheit für eine andere Lösung möglich bleibe. Aber die gab es ja gerade nicht. Außerdem sind Sitzordnungen von Natur aus stabil – wer will schon dauernd Stühle umschrauben?

Die FDP bleibt also auf ihrem angestammten Platz im Bundestag. 1949 hatten die Freidemokraten gegen die Rechtsplatzierung keine Einwände erhoben. Die Partei, die anfangs viele Altnazis anzog, sah sich selbst als nationalliberal. Das hat sich geändert. Aber namentlich zwei Parteien haben etwas dagegen, dass Christian Lindners Truppe sich symbolisch als Weltkind in der Mitten platziert.

Den Grünen ging es auch um historische Selbstbehauptung

Die eine ist die CDU, die „Die Mitte“ zum Parteislogan und Anspruch erhoben hat. Bei den anderen, den Grünen, geht es auch um historische Selbstbehauptung. Sie hatten sich den Platz in der Mitte als Neulinge im Bonner Bundeshaus 1983 erkämpft. Ihr erster Verbündeter war der Unionsfraktionsgeschäftsführer Wolfgang Schäuble. Doch die CSU legte ein Veto ein. Sie wollte die selbstgestrickte Zauseltruppe linksaußen hocken sehen. Das lehnte wieder die SPD strikt ab, sinngemäß Franz Josef Strauß zitierend: Links von den Sozialdemokraten, fanden Willy Brandt und Hans-Jochen Vogel, sei kein Platz für andere Parteien.

Den Mittenplatz erzwang sich die Öko-Truppe erst mit der Drohung, dann eben im Plenarsaal rumzustehen – und mit Helmut Kohls Fürsprache, der in seiner Fraktion um Rücksicht auf die Seelelage der gerade aus der Macht verdrängten Sozialdemokraten warb.

Entschieden wurde am Freitag auch eine zweite Plenarsitzfrage: Grüne und Linke kriegen nur je einen Tisch mit Telefon in der ersten Reihe.

Am Ende stimmten die Fraktionsmanager zu

Dass ausgerechnet die zwei Parteien mit klarer Flügel-Quotierung der Platznot im größten Parlament der Nachkriegsgeschichte Opfer bringen müssen, hat seine eigene Ironie. Aber sie sind nun mal die kleinsten unter den kleineren Fraktionen. Am Ende stimmten ihre Fraktionsmanager genau so wie die FDP der Regelung zu.

Sie taten es auch aus Mangel an Alternativen. Dass ein Platz ganz vorne nicht einklagbar ist, hatte das Bundesverfassungsgericht schon 1989 dem fraktionslosen Ex-Grünen Thomas Wüppesahl bescheinigt. Und dass Lammert im Zweifel entscheiden darf, hat ihm der Wissenschaftliche Dienst bestätigt: Streng genommen sei der Alt-Präsident nicht mehr im Amt, aber nach einer Art „Verfassungsgewohnheitsrecht“ eben doch.

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