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Eine Sammlung von 90.000 überwiegend geheimen Afghanistan-Militärdokumenten offenbart das Wiedererstarken der radikalislamischen Taliban im Krieg gegen die Isaf-Schutztruppe.

© dpa

Enttarnung: Die Jagd auf den Wikileaks-Informanten

Es gibt immer neue Thesen, wie die US-Behörden auf die Spur des verdächtigen Soldaten Bradley Manning kamen. Hat die Regierung einen Späh-Angriff gestartet, um durch Internet-Überwachung potenzielle Verräter geheimer Unterlagen zu enttarnen?

Bradley Manning, ein 22-jähriger US-Soldat, der für die Analyseabteilung der US-Truppen im Irak arbeitete, steht im Verdacht, zehntausende geheime Unterlagen zu Afghanistan dem Internetportal Wikileaks zugespielt zu haben. Doch wie kamen die Ermittler auf Manning? Die grundlegenden Fakten dazu sind bekannt: Manning vertraute sich einem Chat-Partner im Internet an: Adrian Lamo. Lamo informierte später die US-Behörden.

Das geschah allerdings bereits im Mai. Damals ging es noch nicht um die Afghanistanpapiere, sondern um das Militärvideo eines Luftangriffs in Bagdad von 2007, bei dem Zivilisten ums Leben kamen. Es gilt inzwischen als sicher, dass Manning dieses Video im April an Wikileaks weitergegeben hatte. Manning hat das Lamo gestanden. Er schrieb Lamo außerdem, er habe noch viele weitere geheime Dokumente zu den Aktionen von US-Militärs und Diplomaten, die hochbrisante Informationen enthalten. Deshalb untersuchten die Ermittler nun erneut die Computer, die Manning im Dienst im Irak benutzt hatte. Nach Angaben mehrerer US-Medien fanden sie Nachweise, dass Manning auch Dokumente zu Afghanistan kopiert und privat gespeichert habe.

Nun kommen jedoch immer neue Informationen über die potenziellen Motive Lamos und seine Identität ans Licht. Sie geben Anlass für eine Menge Fragen und lassen eine breite Variante von Deutungen zu. Eine besonders spektakuläre These: Manning wurde zum Opfer einer gezielten Jagd der US-Regierung auf Informanten, die geheime Unterlagen an Medien weitergeben. Dabei vergebe die US-Regierung auch Aufträge an private Firmen, das Internet zu überwachen und verdächtige Personen auszuspähen. Lamo arbeitete für eine solche Firma, Project Vigilant. Allerdings war er dort nicht angestellt, sondern führte nur gelegentlich Rechercheaufträge aus. Die Firma hat ihren Sitz in Fort Pierce, Florida. Lamo lebt 5000 Kilometer entfernt in Kalifornien.

Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ berichtete, der Chef von Project Vigilant, Chet Uber, behaupte, er habe Lamo dazu gebracht, sein Wissen über Manning den Behörden zu offenbaren. Uber machte diese Angaben auf einer Konferenz von Sicherheitsdiensten, bei der er seine Firma vorstellte, um Aufträge einzuwerben. Nach seinen Angaben überwacht Project Vigilant den Internetverkehr von zwölf regionalen Internetprovidern und gibt verdächtige Informationen an die Behörden weiter. Die Kunden dieser zwölf Provider hätten dieser Überwachung in den Nutzungsverträgen zugestimmt. Es ist unklar, ob die Kunden sich tatsächlich darüber im Klaren sind, dass ihre Internetkommunikation überwacht wird. Die Firma führe auch andere Rechercheaufträge für die Regierung aus. Zum Beispiel sammele sie Hinweise im Internet, die gezielten Wahlbetrug im Irak belegen.

Uber behauptet jedoch nicht, dass Manning auf diesem Weg entdeckt wurde. Und ebenso wenig, dass Lamo in seinem Auftrag oder im Auftrag der Regierung Menschen ausgespäht habe, die geheime Dokumente an die Medien geben. Lamo sei ein Ex-Hacker, der im Internet auf alle möglichen Informationen stoße. Eines Tages habe er erzählt, er wisse, wer das Video vom Luftangriff im Irak weitergegeben habe. Uber habe ihm gesagt, er müsse das den Behörden erzählen. Lamo habe das nicht gewollt. Er habe beträchtlichen Druck auf ihn ausüben müssen, ehe er mit den Ermittlern sprach.

Auch die Ermittler konnten leicht Druck auf ihn ausüben. Der 29-Jährige war in seiner Jugend mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten, vor allem als Hacker. Er hatte Drogenprobleme und soll seine Freundin mit einer Waffe bedroht haben. Insgesamt ergibt sich das Bild einer labilen Persönlichkeit. Er gehörte zu den Anhängern von Wikileaks und spendete Geld für das Portal.

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