zum Hauptinhalt
Liegestühle stehen am 17.05.2006 auf der Ferieninsel Sardinien am Strand vor dem "Forte Village Resort".

© picture alliance/dpa/Oliver Berg

Update

Erst den Piks, dann bayerisches Bier: Italienisches Luxusresort lässt 100 Angestellte am Münchner Flughafen impfen

Die Münchner warten auf die Impfung, Mitarbeiter des „Forte Village“ waren schneller. Das Hotel ist Quartier von Italiens Nationalmannschaft.

Von Thomas Sabin

Sie kamen per Flugzeug von Sardinien nach München, um sich dort gegen Corona impfen zu lassen. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, wurden über 100 Beschäftigte eines italienischen Luxusresorts an die Isar geflogen, um immunisiert zu werden.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Am 21. Mai kam es demnach am Flughafen zu einer Art Sonderimpfaktion. Während eines Tagestrips wurde die große Reisegruppe aus Italien gegen Covid-19 geimpft, womöglich mit Biontech.

Dabei soll es sich um Mitarbeiter:innen der Urlaubsanlage „Forte Village“ auf Sardinien handeln. Ende Mai hat sich dort die Fußball-Nationalmannschaft Italiens einquartiert und bereitete sich dort auf die Europameisterschaft vor. Auch das deutsche Team war dort schon zu Gast – 2006, als die Weltmeisterschaft im eigenen Land stattfand.

Mit der Impfung des Personals sollen sich die Urlaubsgäste des Luxusressorts bei ihrem Aufenthalt wieder sicher fühlen. So habe ein Resort-Manager in einem TV-Beitrag auf dem italienischen öffentlich-rechtlichen Sender Rai 3 von einer „schützenden Blase“ für die wohlhabenden Besucher gesprochen. Das Urlaubsresort umfasst acht Luxushotels und 13 Villen.

So sah laut Rai-TV-Bericht der Zeitplan für die Impf-Reisegruppe aus:

  • 9 Uhr Abflug auf Sardinien.
  • 11 Uhr Ankunft in München.
  • Danach gleich zum Impfen in einem Hotel am Münchner Flughafen.
  • Anschließend soll es noch bayerisches Bier gegeben haben.
  • Schließlich ging es frisch geimpft zurück in die Heimat.

War das ganze illegal? Der „Süddeutscher Zeitung“ teilte das Bayerische Gesundheitsministerium mit, dass es nichts von dem ganzen Vorgang wisse und erklärte allgemein: „Es wurde den Ärzten überlassen, Priorisierungsentscheidungen nach ordnungsgemäßer ärztlicher Ermessensausübung selbst zu treffen.“

[Mehr zum Thema: Aufhebung der Impfpriorisierung in Berlin – was muss ich wissen? (T+)]. 

Weiter antwortet das Ministerium auf die Frage, ob ein Impftourismus im Sinne von Gesundheitsminister Klaus Holetschek und der Bayerischen Staatsregierung einschließlich Ministerpräsident Söder wäre, dass ein von der SZ suggerierter Impftourismus, bei dem kommerzielle Interessen über medizinische Notwendigkeiten gestellt würden, der Berufsordnung der Ärzte widersprechen würde. Ärzte müssten ihr Handeln am Wohl des Patienten auszurichten haben und den Geboten der ärztlichen Ethik unterliegen“.

Kassenärztliche Vereinigung Bayerns prüft Fehlverhalten

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) prüft nach eigenen Angaben nun ein mögliches Fehlverhalten. Das bayerische Gesundheitsministerium teilte mit, dass auch die Landesärztekammer gebeten worden sei, mögliche berufsrechtliche Verstöße zu überprüfen. Ebenso habe das Ministerium die Staatsanwaltschaft informiert.

Nach Informationen der KVB soll ein an der Impfaktion beteiligter Arzt eine Kassenzulassung haben. Der Fall werde daher von der Geschäftsstelle für Fehlverhalten im Gesundheitswesen geprüft, sagte KVB-Sprecher Axel Heise. „Wir wissen auch nicht, was da gelaufen ist.“ Er bezeichnete das Geschehen als „eigenartig“.

Woher der Impfstoff kam und wer die Aktion organisiert hat, bleibt vorerst unklar. Eine Sprecherin des Ministeriums in München erklärte, dass die Staatsregierung nur für die staatlichen Impfzentren im Freistaat zuständig sei. Es gebe keine Kompetenzen bezüglich eines italienischen Unternehmens und man könne auch nicht die Herkunft von Impfstoff, der von einer niedergelassenen Arztpraxis genutzt wurde, ermitteln.

Das Ministerium geht davon aus, dass der für die Aktion verwendete Impfstoff über eine Apotheke ausgeliefert worden sein muss. Sicher ist jedoch, dass wenige Tage vor der Gruppenimpfung der italienischen Ressort-Angestellten die Impfpriorisierung in den bayerischen Arztpraxen aufgehoben wurde.

Den Impfstoff aber an ein Luxus-Resort im Mittelmeer zu geben, stand wohl nicht auf der Agenda von Ministerpräsident Markus Söder. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false