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Seit Mitte August dürfen Schaufenster in Spanien nachts nicht mehr beleuchtet sein.

© dpa

Keine Beleuchtung, weniger Klimatisierung: Erste Erfolge für Spaniens Energiespar-Kurs

Stromverbrauch im Land sinkt. Von der EU gibt es Lob.

Der Königspalast in Madrids Altstadt liegt im Dunklen. Die Außenbeleuchtung des Stadtschlosses, eine der meistbesuchten Attraktionen der spanischen Hauptstadt, ist abgeschaltet. Auch die prachtvolle Fassade des gegenüberliegenden Opernhauses wird nachts nicht mehr angestrahlt.

Seit Spaniens Energiesparplan am 10. August in Kraft trat, werden jeden Abend im ganzen Land Millionen Lampen ausgeknipst. Neben der Fassadenbestrahlung von öffentlichen Gebäuden muss auch ab 22 Uhr die nächtliche Schaufensterbeleuchtung der Geschäfte abgedreht werden. Zudem wurde ein Temperaturlimit für die Klimatisierung und Beheizung von Amtsgebäuden, Shops, Restaurants, Kinos und Flughäfen beschlossen. Ähnliches plant derzeit auch die deutsche Bundesregierung – Spanien aber ist schon einen Schritt weiter.

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Das kollektive Abschalten im Urlaubsland, in dem sich in diesen Augusttagen Millionen Touristen aufhalten, zeigt erste Erfolge: Nach Angaben des spanischen Netzbetreibers Red Eléctrica fiel seit Beginn der Kampagne die Stromnachfrage. Vergleicht man etwa die zweite Augustwoche – in welcher die Sparmaßnahmen eingeführt wurden – mit der ersten Woche im August, so ergibt sich bereits eine Verringerung des nationalen Elektrizitätsverbrauchs um 3,6 Prozent. In der dritten Augustwoche setzte sich diese Energiespartendenz noch deutlicher fort.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lobt die „wertvollen Maßnahmen" in Spanien und einigen anderen europäischen Ländern als vorbildlich. „Leicht höhere Temperaturen bei der Klimaanlage bringen beeindruckende Ergebnisse“, erklärt von der Leyen. Auch in den EU-Büros in Brüssel werde gespart, teilte sie mit: „Wir schalten zum Beispiel in den meisten Gebäuden das Kühl- und Heizsystem eine Stunde früher aus als bisher.“ Dadurch werden der Energiekonsum um rund drei Prozent reduziert.

Opposition kritisiert die Maßnahmen

Spaniens Energiedekret ist eine erste Maßnahme des sozialdemokratischen Regierungschefs Pedro Sánchez, um den Gas-Notfallplan der EU umzusetzen. Der sieht vor, dass die 27 Mitgliedsstaaten ihren Gaskonsum reduzieren. Die meisten EU-Länder einigten sich auf eine – zunächst freiwillige – Verringerung um 15 Prozent. Für Spanien, das weniger von russischem Gas abhängig ist als etwa Deutschland, wurden sieben Prozent vereinbart.

Während Brüssel der Madrider Sparkampagne applaudiert, fordert Spaniens Opposition, das Energiedekret zurückzunehmen. Der Chef der konservativen Volkspartei, Alberto Feijoo, spricht von einem „improvisierten Plan mit einseitigen Maßnahmen“, die nicht mit der Wirtschaft sowie mit Rathäusern und Regionen abgestimmt worden seien. Die Energiepolitik der Regierung werde von ideologischen und nicht von technischen Kriterien geleitet, sagt Feijoo.

Die rechtspopulistische Partei Vox, nach Sozialdemokraten und Konservativen die drittgrößte Fraktion im spanischen Parlament, lehnt den Energiesparplan ebenfalls ab: „Die Maßnahmen sind eine weitere Einschränkung der Rechte und Freiheiten der Spanier.“ Vox-Chef Santiago Abascal fordert zudem die „Aufhebung aller Klimaschutzgesetze“.

Premier appelliert an Gemeinsinn

Bei den Unternehmern ist das Echo geteilt. „Der Plan verpflichtet zu etwas, das gut ist – und zwar zu sparen“, sagt etwa José Luis Yzuel, Chef des nationalen Gastronomieverbandes. Auch Spaniens Hotelverband Cehat unterstützt die Maßnahmen. Antonio Garamendi, Präsident der spanischen Arbeitgebervereinigung CEOE, verlangt von der Regierung hingegen „mehr Dialog und auch mehr Hilfen für die betroffenen Branchen“. Kritik kam auch vom Dachverband des Handels. Die Regierung sei mit ihrem Erlass überstürzt vorgegangen und habe die Maßnahmen nicht mit den Branchenverbänden abgesprochen.

Premier Sánchez antwortete auf die Kritik mit einem Appell an den Gemeinsinn: Er forderte die Nation vor dem Hintergrund der Energiekrise und des Ukrainekrieges zu „verantwortungsvollem Handeln“ auf, um gemeinsam mit ganz Europa „gegen die Energie-Erpressung Putins“ vorzugehen.

Regeln gelten nicht für Hotelzimmer

„Jedes Grad weniger bei der Kühlung oder Heizung bedeutet eine Einsparung von sieben Prozent“, sagt die spanische Umweltministerin Ribera. Jetzt im Sommer darf daher im Normalfall die Raumluft nur noch auf 27 Grad heruntergekühlt werden.

Allerdings gelten Ausnahmen, zum Beispiel für Restaurants und Bars, wo die Temperatur noch auf 25 Grad sinken darf. Auch für Friseure, Fitnessstudios und andere Einrichtungen mit schweißtreibenden Aktivitäten wurden Sonderregeln erlassen. Genauso wie für Hotels, wo nur Gemeinschaftsräume unter das Dekret fallen. Die Zimmer dürfen weiterhin individuell klimatisiert werden – doch Hoteliers berichten, dass inzwischen auch viele Urlauber die Klimageräte drosseln.

Im Winter ist bei der Heizung künftig bei 19 Grad Schluss. Um Energieverluste zu vermeiden, dürfen zudem die Eingangstüren nicht mehr – wie in vielen Shops üblich – sperrangelweit offenstehen.

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