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Ehec: Es sind die Sprossen

Der Verdacht, dass kontaminierte Sprossen den gefährlichen Darmkeim Ehec in Deutschland verteilt haben, hat sich offenbar bestätigt. Die Warnung vor Gurken, Tomaten und Salat wurde aufgehoben

Berlin - „Es sind die Sprossen“, sagte Reinhard Burger, Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI) am Freitag. In einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärte Andreas Hensel, der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), die Verzehrwarnung vor Gurken, Tomaten und Blattsalat könne jetzt aufgehoben werden. Gleichzeitig empfahl er, bis auf weiteres Sprossen nicht roh zu verzehren. „Haushalten und Gastronomiebetrieben wird empfohlen, noch vorrätige Sprossen sowie möglicherweise damit in Berührung gekommene Lebensmittel zu vernichten“, sagte Hensel.

Die Experten stützen sich dabei auch auf eine neue Untersuchung des RKI. Forscher des Instituts hatten 112 Menschen aus fünf Reisegruppen befragt, die alle im selben Restaurant gegessen hatten. 19 Menschen waren hinterher an Ehec erkrankt. Durch den Abgleich mit Rechnungen und Befragung der Köche konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass alle 19 Erkrankten Sprossen verzehrt hatten. Zudem können inzwischen 26 von 55 Erkrankungshäufungen in fünf Bundesländern auf den Biohof in Bienenbüttel zurückgeführt werden. Die anderen Ehec-Cluster würden noch untersucht, sagte Burger.

Lebensmittelkontrolleure haben den aggressiven Ehec-Keim O104 auch erstmals direkt auf Sprossen nachgewiesen. Das Verbraucherschutzministerium Nordrhein-Westfalen teilte am Freitag mit, Forscher hätten den Erreger in einer geöffneten Sprossenpackung in der Mülltonne einer Familie aus dem Rhein-Sieg-Kreis gefunden. Zwei der drei Familienmitglieder waren an Ehec erkrankt. Nach den bisherigen Erkenntnissen stammen die Sprossen ebenfalls aus dem Betrieb im niedersächsischen Bienenbüttel. Da die Packung geöffnet im Biomüll lag, kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Keime erst nachträglich auf die Sprossen kamen.

Die deutschen Bauern begrüßten die Aufhebung der Verzehrwarnungen. „Wir sind sehr froh und sehr erleichtert“, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Gerd Sonnleitner, dem Tagesspiegel. Er gehe davon aus, dass die „Verbraucher jetzt wieder beherzt nach Gurken, Tomaten und Salat greifen werden“. Angst, altes Gemüse aus Lagerbeständen angedreht zu bekommen, müssten die Verbraucher nicht haben: „Man kann frisches Gemüse nicht lagern.“ Den Schaden, der den deutschen Gemüsebauern in den vergangenen Wochen entstanden ist, bezifferte Sonnleitner auf 65 Millionen Euro. „Wir versuchen, den Schaden komplett kompensiert zu bekommen“, sagte er mit Blick auf die von der EU geplanten Entschädigungen. Notfalls müssten die Bundesländer und der Bund die Hilfe aus Brüssel aufstocken.

Unterdessen bestätigten Untersuchungen des Münsteraner Ehec-Experten Helge Karch, dass der Erreger vermutlich nicht von Wiederkäuern sondern vom Menschen stammt. Darauf weist unter anderem eine nähere Untersuchung des Erbgutes hin. „Der sich jetzt ausbreitende Erreger ist bislang nur beim Menschen nachgewiesen worden“, sagte Karch.

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