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Medwedew

© dpa

EU: Bankenkrise zwingt zur Annäherung an Moskau

Nur zwei Monate nach der Kaukasus-Krise weht im europäisch-russischen Verhältnis ein neuer Wind. Fast unbemerkt wurde Moskau im Schatten der globalen Bankenkrise auch zurück in das internationale G8-Netzwerk geholt.

"Plötzlich ist Russland wieder da, und das ist gut so", sagen EU-Diplomaten mit Blick auf die Kontroversen der vergangenen Wochen, die zu einer Sprachlosigkeit vor allem zwischen den USA und Moskau geführt hatten. Als Reaktion auf amerikanische Vorwürfe im Georgien-Krieg war Russland aus der Kontaktgruppe zur Bewältigung des Atomkonflikts mit dem Iran ausgestiegen. Und in der EU forderten vor allem die baltischen Länder, Schweden und Polen eine klare Verurteilung Russlands - und setzten auf Sanktionen.

Russland ist zurück am Tisch

Jetzt haben sich die Dimensionen verschoben: Statt Abchasien und Südossetien blickt nun das internationale Finanzsystem in den Abgrund - mit einer Gefahr bis weit hinter den Ural. Der schwedische Außenminister Carl Bildt glaubt sogar, dass diese Finanzkrise ein politisches Erdbeben in Russland auslösen könnte. Daran kann die EU, die 42 Prozent ihrer Gas- und 33 Prozent ihrer Ölimporte aus Russland bezieht, kein Interesse haben.

So herrscht in Brüssel Erleichterung, als am Mittwoch der Finanzmarktplan der sieben führenden Industrienationen (G7) plötzlich von den G8 "begrüßt und unterstützt" wird. Denn in der G8-Gruppe ist neben USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich Großbritannien und Italien eben auch Russland vertreten. "Der Plan bringt Moskau zurück an den Tisch - auch ins Gespräch mit den USA", heißt es in der belgischen Hauptstadt mit einer gewissen Zufriedenheit. Denn daran hätten vor allem die vier europäischen G8-Mitglieder eine Aktie.

Berlusconi: Russland in die EU aufnehmen

Dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der als enger Freund von Russlands Regierungschef Wladimir Putin gilt, geht das nicht weit genug: "Mein Plan ist es, dass die Russische Föderation in den nächsten Jahren ein Mitglied der Europäischen Union wird." Das provoziert. So wurde bei der Gipfel-Debatte über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen Skepsis laut, ob allein schon dafür "der richtige Zeitpunkt" gekommen sei. Doch zugleich blieb Berlusconis Vorstoß ohne großen Widerstand.

Frankreichs Staatschef Nikolas Sarkozy sieht diese neue Russlandpolitik mit Wohlwollen - und versucht als EU-Ratspräsident zu vermitteln. Da ein klares Datum für den Beginn der Partnerschaftsverhandlungen auf dem EU-Herbstgipfel nicht durchzusetzen war, wird in der Abschlusserklärung auf den EU-Russland-Rat am 14. November in Nizza verwiesen. Zugleich macht Sarkozy die Marschrichtung klar: "Wenn wir zusätzlich zu den schwierigen Bedingungen, unter denen die Diskussionen in der Welt verlaufen, eine Konfrontation zwischen Europa und Russland entstehen lassen, frage ich mich, ob das wirklich sinnvoll wäre."

André Spangenberg[ddp]

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