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Die Grenzkontrollen zu Deutschland werden wohl verlängert. Das Bild zeigt wartende Flüchtlinge im November an der deutsch-österreichischen Grenze nahe Wegscheid in Bayern.

© dpa

Update

EU-Kommission zur Flüchtlingskrise: Deutsche Grenzkontrollen sollen verlängert werden

Offenbar rechnet die EU-Kommission in der Flüchtlingskrise mit einer Verlängerung der deutschen Grenzkontrollen über den Februar hinaus. Dies dürfte "kein Problem sein", sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag in Berlin.

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos rechnet mit einer Verlängerung der Grenzkontrollen in Deutschland über den kommenden Februar hinaus. Auf die Frage, ob die EU-Kommission einer entsprechenden Verlängerung der Kontrollen zustimmen werde, sagte Avramopoulos am Donnerstag vor Journalisten in Berlin: „Wir gehen davon aus, dass dies unter den gegenwärtigen Umständen kein Problem sein wird.“ Man müsse akzeptieren, dass Deutschland in der Flüchtlingskrise „unter Druck“ sei, sagte er.

Wegen der Flüchtlingskrise führt Deutschland seit Mitte September wieder Kontrollen an der Grenze zu Österreich durch. Damit macht Deutschland wie andere EU-Länder – darunter Frankreich und Österreich – von einer Ausnahmeregelung im Schengen-System Gebrauch. Nach dem Schengen-Grenzkodex können Staaten ihre Binnengrenzen bis zu zwei Jahre lang wieder kontrollieren.

Avramopoulos warnte in Berlin vor einem Zusammenbruch des Schengen-Systems. „Wenn Schengen zusammenbricht, dann ist das der Anfang vom Ende Europas“, sagte der EU-Kommissar. Nach seinen Worten hat der von der EU-Kommission vorgeschlagene europäische Grenz- und Küstenschutz die Aufgabe, den Bestand des Schengen-Prinzips zu sichern.

EU-Kommissar beschwört eine europäische Lösung

Unmittelbar vor dem EU-Gipfel in Brüssel beschwor der griechische EU-Kommissar eine europäische Lösung zur Bewältigung der hohen Flüchtlingszahlen. „Die Flüchtlingskrise ist ein Katalysator für mehr Europa“, sagte Avramopoulos. Allerdings kommt die EU beim Aufbau der Hotspots in Griechenland und Italien zur Registrierung der Flüchtlinge nur langsam voran. Bei einem Bürgerdialog der EU-Kommission in Berlin sprach Avramopoulos am Donnerstag von jeweils drei neuen Hotspots, die in den kommenden Wochen in Griechenland und Italien den Betrieb aufnehmen werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière bezweifelte, dass es so schnell gehen werde. Beide Mittelmeerländer bräuchten dabei Hilfe, aber auch Druck von außen.

Auch von einer Umverteilung der in Griechenland und Italien gestrandeten Flüchtlinge auf andere EU-Länder ist bislang kaum etwas zu sehen. Vor allem osteuropäische EU-Länder sperren sich gegen die Aufnahme der Schutzsuchenden. Auch der Kommissions-Vorschlag zum Aufbau eines europäischen Küsten- und Grenzschutzes, der im Notfall einzelne EU-Staaten auch gegen deren Willen bei der Grenzsicherung unterstützen soll, stößt auf den Widerstand mehrerer EU-Länder.

Avramopoulos appellierte in Berlin an Solidarität und Verantwortungsbewusstsein der 28 EU-Mitgliedsstaaten. „Europa darf nicht 60 Jahre zurückfallen.“ Im Moment stelle er aber Rückschritte fest. Mehr Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus gefährdeten die Gemeinschaft.

Avramopoulos fordert schnelle Entscheidung über gemeinsamen Grenzschutz

Avramopoulos sprach sich dafür aus, dass das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten schnell eine Entscheidung über die geplante gemeinsame Verstärkung des Schutzes an den EU-Außengrenzen treffen sollten. „Diesmal darf Europa nicht wieder kalt erwischt werden“, sagte er. Allerdings gehe es in der Diskussion um den gemeinsamen Grenzschutz nicht darum, skeptischen EU-Staaten mit der Haltung „Friss oder stirb“ zu begegnen. Avramopoulos kündigte an, mit der neuen nationalkonservativen polnischen Regierung, die sich skeptisch zum Vorschlag geäußert hatte, über die Initiative zu sprechen. Die Bundesregierung in Berlin unterstützt im Grundsatz das Projekt.

Der EU-Kommissar beklagte, dass sechs Monate lang in der Flüchtlingskrise in Europa eine chaotische Situation geherrscht habe. Die zuletzt gesunkenen Flüchtlingszahlen führte er darauf zurück, dass die Türkei im Landesinneren Migranten verstärkt daran hindere, die Reise Richtung EU anzutreten. Das Land soll von der EU rund drei Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen bekommen. Allerdings müsse Ankara mehr im Kampf gegen Schleppernetzwerke unternehmen, forderte Avramopoulos. Kritik von Nichtregierungsorganisationen an der Kooperation mit Ankara wies er zurück. „Wir brauchen die Türkei in der Flüchtlingskrise – ob es uns gefällt oder nicht.“

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